„Schwerer Tag“

Zweiter Lockdown: Deutschland zieht Notbremse

Ausland
28.10.2020 18:01

Mit harten Einschnitten für die Bürger und viele Unternehmen will die deutsche Bundesregierung die rasant steigenden Corona-Infektionszahlen unter Kontrolle bringen. Am Mittwoch hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit den Bundesländern den zweiten Lockdown beschlossen. Dieser bringt massive Kontaktbeschränkungen mit sich und soll ab kommenden Montag gelten.

Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll nur noch „mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestattet“ sein, erklärte die Regierungschefin in einer Pressekonferenz nach den Beratungen mit den Regierungschefs der Bundesländer. Die Kontakte der Menschen müssten um 75 Prozent reduziert werden, um das Virus zu stoppen. „Wir müssen den Trend brechen“, forderte die Kanzlerin. „Wir verordnen eine Vier-Wochen-Therapie. Wir hoffen, dass die Dosis richtig ist“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er sprach von einem „differenzierten Lockdown“. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller betonte, dass Wirtschaft, Handel, Schulen und Kindergärten aber unbedingt geöffnet bleiben sollten.

(Bild: APA/dpa-Zentralbild/Matthias Hiekel)

Merkel sprach von einem „schweren Tag“ für Deutschland, denn sie wisse, was man den Menschen zumute. Aber diese „nationale Kraftanstrengung“ diene einzig und allein einem Zweck: Rettung von Menschenleben. Denn die Infektionswelle könne nur dann „durchbrochen“ werden, wenn alle Kontakte nachverfolgt werden können. Dies sei derzeit oft nicht mehr der Fall.

Kanzlerin Angela Merkel mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und dem Berliner Bürgermeister Michael Müller während der Pressekonferenz (Bild: APA/AFP/POOL/FABRIZIO BENSCH)
Kanzlerin Angela Merkel mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und dem Berliner Bürgermeister Michael Müller während der Pressekonferenz

„Wenn es bei diesem Tempo bleibt, kommen wir binnen Wochen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems. Es ist vollkommen klar, dass wir handeln müssen, um eine nationale Gesundheitsnotlage zu verhindern“, so Merkel weiter. Den Vorschlägen der Bundesregierung stimmten laut der Regierungschefin alle Bundesländer zu, auch jene mit „geringeren Inzidenzzahlen“. Zu den neuen Maßnahmen zählen laut Merkel die Schließung aller Freizeiteinrichtungen wie Theater, Opern, Kinos, Schwimmbäder und Fitnessstudios, aber auch Bars, Clubs, Diskotheken und Lokale. Eine Ausnahme soll die „Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause“ bleiben. Auch Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoostudios und Bordelle werden schließen.

„Nothilfe“ für betroffene Unternehmen
Alle von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen werden am 2. November in Kraft treten und bis Ende November gelten, also rund vier Wochen lang. Nach zwei Wochen wollen Bund und Länder erneut beraten und „notwendige Anpassungen“ vornehmen. Von den Schließungen betroffene Firmen und Einrichtungen sollen eine „Nothilfe“ des Bundes erhalten. Bereits bestehende Unterstützungsmaßnahmen sollen zudem verlängert werden. Das Ziel ist deutschen Medienberichten zufolge, bis Weihnachten die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen.

Zur Begründung der neuen Maßnahmen wird angeführt, dass die Zahl der Corona-Infektionen „inzwischen in nahezu allen Regionen Deutschlands mit exponentieller Dynamik“ ansteige. Deshalb sei es erforderlich, „durch eine erhebliche Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten“. Die jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts wiesen 14.964 neue Positiv-Tests binnen 24 Stunden auf. In Regierungskreisen zeigte man sich besonders besorgt darüber, dass innerhalb eines Tages 85 Menschen im Zusammenhang mit Corona starben. Dies ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den vergangenen Tagen.

So konnten Ministerpräsidenten überzeugt werden
Söder lobte die Entschädigungsangebote des Bundes für betroffene Firmen als „einmalig gutes Angebot“. Der Bund will als „Nothilfe“ bis zu zehn Milliarden Euro Entschädigung zur Verfügung stellen. Kleine Betriebe, die im November schließen müssen, sollen 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats erhalten. Bei größeren Betrieben sollen es 70 Prozent sein. Auch Solo-Selbstständige sollen in den Genuss des Programms kommen. Diese Hilfe galt als Schlüssel für das Einverständnis der Ministerpräsidenten für eine Schließung etwa der Gastronomie.

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