In Flüchtlingslager

Nizza-Täter soll über Lampedusa eingereist sein

Ausland
29.10.2020 20:53

Bei dem mutmaßlichen Attentäter von Nizza handelt es sich Ermittlern zufolge um einen 21-jährigen Tunesier. Er soll am 20. September mit anderen Migranten über Lampedusa nach Europa gekommen sein, berichteten italienische Medien unter Berufung auf Ermittlerkreise. Demnach wurde er am 9. Oktober in einem Flüchtlingslager in Bari registriert. Wann und wie er nach Nizza gelangte, sei noch unklar. Tunesien hat inzwischen Ermittlungen gegen den Verdächtigen aufgenommen.

An dem Tag, als der mutmaßliche Attentäter in Lampedusa eintraf, erreichten zirka 20 Boote mit tunesischen Migranten an Bord die Insel. Danach hätte der Tunesier zwei Wochen auf dem Quarantäneschiff Rhapsody verbracht, wie es weiter hieß. Später hielt er sich laut den Meldungen in einem Flüchtlingslager in Bari auf, danach tauchte er unter.

Migranten auf Lampedusa (Bild: The Associated Press)
Migranten auf Lampedusa

Tunesier erhielt Abschiebungsbescheid
Zuvor soll er von den italienischen Behörden einen Abschiebungsbescheid erhalten haben. Gegen ihn liefen demnach Ermittlungen wegen illegaler Einwanderung. Italienische Medien erinnerten in ihrer Berichterstattung an den Tunesier Anis Amri, der für den Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin 2016 mit elf Todesopfern verantwortlich gemacht wird. Auch er war im Februar 2011 auf Lampedusa eingetroffen.

Die Polizei riegelte den Tatort in Nizza großflächig ab. (Bild: AFP)
Die Polizei riegelte den Tatort in Nizza großflächig ab.

Die tunesische Staatsanwaltschaft hat unterdessen Ermittlungen aufgenommen. Nach ersten Informationen über die Identität des mutmaßlichen Angreifers haben man mit den Ermittlungen begonnen, sagte der stellvertretender Staatsanwalt und Gerichtssprecher in Tunis, Mohsen Dali am Donnerstagabend. Für den Fall, dass die Justizbehörden um Zusammenarbeit bitten, stehe man zur Verfügung.

Herkunftsland bestätigt
Das tunesische Antiterrorgesetz schreibe die Strafverfolgung jedes Tunesiers vor, der an einer terroristischen Handlung innerhalb oder außerhalb des Landes beteiligt war, sagte Dali. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tap bestätigte er zudem, dass der mutmaßliche Angreifer nach ersten Ermittlungskenntnissen ein Tunesier war.

Drei Menschen brutal ermordet
Der Angriff ereignete sich gegen 9 Uhr früh in der Kirche Notre-Dame mitten in der Einkaufsstraße von Nizza. Zwei Menschen seien innerhalb der Kirche „auf schreckliche Weise“ getötet worden, sagte Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi. Die Art und Weise erinnere an den Tod des vor zwei Wochen ermordeten Lehrers Samuel Paty, erklärte Estrosi weiter, ohne Details zu nennen.

(Bild: AFP)

Paty war in der Nähe seiner Schule in einem Pariser Vorort enthauptet worden. Ein dritter Mensch habe sich in Nizza noch in eine nahe gelegene Bar flüchten können und sei dort schließlich gestorben. Medien zufolge soll es sich bei den Opfern um zwei Frauen und einen Mann handeln. Premierminister Jean Castex bestätigte, dass drei Menschen bei der Tat getötet wurden.

Attentäter rief „Allahu akbar“
Estrosi zufolge rief der Attentäter „Allahu akbar“ („Gott ist groß“). Castex sprach von einer „niederträchtigen“ und „barbarischen“ Attacke und kündigte eine entschlossene Antwort der Regierung an. Es sei die Stufe „Urgence Attentat“ des Anti-Terror-Alarmplans „Vigipirate“ ausgerufen worden, sagte er in der Pariser Nationalversammlung. Diese Warnstufe ermöglicht die außergewöhnliche Mobilisierung von Ressourcen im Kampf gegen den Terror.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron besuchte noch am Donnerstag den Tatort des „islamistischen Terroranschlags“ in Nizza. (Bild: AP)
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron besuchte noch am Donnerstag den Tatort des „islamistischen Terroranschlags“ in Nizza.
(Bild: AFP)

Macron kündigte einen verstärkten Schutz von Kirchen und Schulen an. Der schon länger laufende inländische Anti-Terror-Einsatz „Sentinelle“ des Militärs solle von bisher 3000 auf nun 7000 Soldaten aufgestockt werden. „Heute steht die ganze Nation hinter unseren katholischen Mitbürgern“, sagte Macron in der Nähe des Tatorts. Man dürfe nicht dem Geist der Spaltung nachgeben. Der 42-Jährige war am Nachmittag in die südfranzösische Metropole gereist und tauschte sich dort unter anderem mit Sicherheitskräften aus. In zahlreichen Kirchen im Land läuteten nach der brutalen Attacke am Nachmittag um Punkt 15 Uhr die Glocken.

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