Die Spitzen der Bundesregierung haben am Samstagnachmittag die Pläne des zweiten Lockdowns verteidigt. „Es sind dramatische Eingriffe in unser gesellschaftliches Leben“, räumte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein. Der zweite Lockdown sei der Bundesregierung „nicht leicht gefallen“, er sei aber „notwendig“. Kurz verwies auf eine drohende Überlastung der intensivmedizinischen Kapazitäten. In dieselbe Kerbe schlug Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne): „Ab Mitte November könnten die Kapazitätsgrenzen erreicht werden. Wir haben daher keine Zeit, auch nur eine Woche zu verlieren.“ Und Innenminister Karl Nehammer betonte: „Wer es darauf anlegt und sich den Maßnahmen bewusst widersetzt, darf nicht mit Toleranz rechnen.“
Laut Anschober müsse man jetzt dagegenhalten und versuchen, noch vor Mitte November eine Reduktion der steigenden Corona-Zahlen erreichen. Er sei diesbezüglich Optimist. „Was man ein erstes Mal schafft, kann man auch ein zweites Mal schaffen. Wir müssen die Solidarität so leben, wie wir das schon im März und April getan haben.“
Kurz-Appell an Bürger: „Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung“
Kurz sei bewusst, dass viele Menschen die Einschränkungen mittlerweile satthätten. „Wir verstehen das vollkommen, uns geht es nicht anders. Aber wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu einer Überlastung der medizinischen Kapazitäten kommen. Ärzte müssten dann entscheiden, ob sie einen Covid-Patienten oder einen Unfallpatienten in einem Intensivbett versorgen - das werden wir nicht zulassen.“ Der Kanzler bat die Bevölkerung, die neuen Maßnahmen zu unterstützen.
„Erste Öffnungsschritte“ im Dezember möglich
Sollte das Maßnahmenpaket wirken und die Bevölkerung mitmachen, geht Kurz davon aus, dass im Dezember „erste Öffnungsschritte“ gesetzt werden können, „um zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren“. Bei einem „ähnlichen Erfolg, wie wir ihn im ersten Lockdown hatten“ könne man dann beispielsweise wieder an Skifahren - wenn auch mit Abstrichen - denken.
„Rückkehr zur gewohnten Normalität spätestens im Sommer“
Essenziell sei es, „dass wir mit dem Paket gut durch den November kommen“, um einen „deutlichen Abfall“ der Infektionszahlen zu erreichen, betonte der Kanzler. Mit einer Trendumkehr rechne er „frühestens in sieben bis 14 Tagen“. Das Ende von Einschränkungen könne es aber erst geben, sobald ein Impfstoff erforscht ist. Kurz gehe davon aus, dass man spätestens im nächsten Sommer zur gewöhnten Normalität zurückkehren könne.
Kogler: „Maßnahmen lästig, aber mehr als notwendig“
„Die Maßnahmen sind mehr als lästig - aber inzwischen mehr als notwendig“, betonte auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). „Jeder, der ein lebensrettendes Intensivbett benötigt, soll auch eines bekommen.“ Es werde ein herausfordernder Herbst und Winter.
Kogler sprach auch all jenen Menschen in den Krankenhäusern, Sozialeinrichtungen und vor allem in den Intensivstationen seinen Dank und großen Respekt aus. „Ich hab das selbst erleben müssen, bei meinem Vater. Das ist nicht leicht.“
Nehammer betont: Keine Kontrollen in privaten Wohnräumen
Innenminister Karl Nehammer: betonte: „Es wird nicht geben, dass die Polizei beginnt, in privaten Wohnräumen Nachschau zu halten. Gemeint sind etwa Garagenpartys, die bei Ausbrüchen in Österreich mit Ansteckungen in Verbindung gebracht wurden.
„Wer es darauf anlegt, darf nicht mit Toleranz rechnen“
Ein hartes Durchgreifen kündigte er hingegen gegenüber Ignoranten an. „Wer es darauf anlegt und sich den Maßnahmen bewusst widersetzt, darf nicht mit Toleranz rechnen. Ich habe den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit angewiesen, jetzt gerade am Anfang der Maßnahmen stark zu kontrollieren.“
Die Polizei werde die neuen Maßnahmen konsequent vollziehen, aber dabei die notwendige Verhältnismäßigkeit im Auge behalten. Nehammer appellierte: „Gemeinsam werden wir es schaffen, diese herausfordernde Situation zu meistern.“
Entschädigungen sollen schnell ausgezahlt werden, versprach Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Betroffene Unternehmen sollen bis zu 80 Prozent ihres Umsatzes aus dem Vergleichszeitraum - einem durchschnittlichen Monat des Vorjahrs - erhalten, maximal 800.000 Euro. Die Gesamtkosten schätzte Blümel auf rund eine Milliarde Euro.
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