Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist am Montag - einen Tag bevor Österreich erneut in einen Corona-Lockdown muss - vor die Presse getreten und hat nochmals eindringlich an den Durchhaltewillen der Bevölkerung appelliert. Der Herbst sei schwierig, aktuell habe man eine sehr hohe Positivrate bei den Testungen, nämlich 17 Prozent. Daher habe man ein „hochkomplexes Maßnahmenpaket“ geschnürt (Stichwort: Lockdown). „Ja, wir haben höhere Werte als im Frühjahr, aber wir machen auch mehr Tests. Dennoch müssen wir alles tun, damit wir Mitte November eine Trendwende erreichen“, so der Minister, der zuversichtlich ist: „Wir schaffen das.“
Neben einem erneut hohen Wert bei den täglichen Neuinfektionen sei auch die Zahl der Hospitalisierungen und Intensivpatienten „bedenklich“, so Anschober. Aktuell befinden sich 2161 Personen mit einer Covid-19-Infektion in Spitalsbehandlung, 336 davon auf Intensivstationen. „Von Montag bis Montag ist das ein Plus von 78 Prozent. Wenn sich die Infektionszahlen so weiterentwickeln, dann kann es in den Intensivstationen eng werden“, mahnte Anschober.
Wir haben das im Frühjahr schon einmal geschafft und wir schaffen das auch ein zweites Mal.
Gesundheitsminister Anschober vor dem Lockdown
Auch wenn man eine „hervorragende Ausgangssituation“ in Sachen Gesundheitsversorgung habe: „Wenn Zulauf nicht nachlässt, dann kommt auch das beste Gesundheitssystem an seine Grenzen.“ Daher habe man ein „breites und konsequentes Maßnahmenpaket in einem Rekordtempo erarbeitet“, so Anschober: „Aber es gibt eigentlich nur eine Grundmaßnahme: Kontakte reduzieren!“ Auch die Masken seien da nur eine Unterstützung.
„Wir schaffen das auch ein zweites Mal“
„Wir haben das im Frühjahr schon einmal geschafft und wir schaffen das auch ein zweites Mal“, so der Gesundheitsminister. Er warnte allerdings: „Wir gehen noch davon aus, dass die Zahlen diese Woche noch einmal steigen werden, die Maßnahmen wirken erst nach etwa zwölf Tagen.“ Jetzt sei jeder gefordert, die Maßnahmen mitzutragen: „Die Gesellschaft sind wir alle.“
Impfung alleine „keine Rettung“
Infektiologe Herwig Kollarisch appellierte anschließend ebenfalls an die Bevölkerung, Sozialkontakte drastisch einzuschränken: „90 Prozent der Cluster entstehen in Haushalt und Freizeit. Die Maßnahmen sind aktuell alternativlos. Es gibt kein anderes Rezept, um die Zahlen wieder einzudämmen.“ Zu sagen, eine Impfung wäre die Rettung, sei übrigens laut Kollaritsch „viel zu simpel“: „Zuerst einmal ist fraglich, welchen Impfstoff es geben wird und wie viel davon.“
Ein Impfstoff etwa, der die Erkrankung nur deutlich abmildere, sei „epidemiologisch uninteressant“. Nur ein transmissionblockierender Impfstoff, der Ansteckungen verhindere, spiele bei der Eindämmung der Pandemie eine Rolle: „Im Jahr 2021 werden sicher mehrere Impfstoffe auf dem Markt sein, die wahre Herausforderung werden wir aber erst wissen, wenn wir wissen, was wir da haben.“ Besser sei es daher, sich an die persönlichen Schutzmaßnahmen und auch den Mund-Nasen-Schutz zu gewöhnen.
„Gesundheitssystem in Gefahr“
Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Agentur Gesundheit Österreich, präsentierte anschließend mehrere Modelle von möglichen Szenarien der Infektionsentwicklung in Österreich. Er zeichnete dabei ein düsteres Bild. Sollten die Neuinfektionen und die effektive Reproduktionszahl nicht gedrückt und das Infektionsgeschehen nicht eingebremst werden, „wird unser Gesundheitssystem relativ rasch an seine Kapazitätsgrenzen stoßen“, sagte Ostermann.
Intensivmediziner: „Ressourcen sind endlich“
Von hundert mit SARS-CoV-2-Infizierten benötigen laut Statistik fünf ein Spitalsbett, ein Patient muss intensivmedizinisch betreut werden. Die eklatante Zunahme von Neuinfektionen sei „ein Problem, wenn man bestmögliche Betreuung liefern möchte“, gab Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), am Montag bei der Pressekonferenz im Gesundheitsministerium zu bedenken: „Die Ressourcen sind endlich“.
Man werde in der Lage sein, „den sich jetzt abzeichnenden Peak ohne Triage“ - die Behandlung von Patienten nach Dringlichkeit, wobei die Einstufung nach einer Begutachtung vorgenommen wird - zu bewältigen. Aber die „dynamische Entwicklung“ des aktuellen Infektionsgeschehens müsse unbedingt eingedämmt werden, betonte Markstaller.
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