Aufgrund der Ermittlungspannen im Vorfeld des Terroranschlags in Wien, der am Montagabend vier Menschenleben gefordert hat, erstattet die FPÖ Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Gerichtet ist sie gegen unbekannte Täter innerhalb der Ermittlungsbehörden. Diese hätten spätestens am 10. September über den versuchten Munitionskauf des späteren Wien-Attentäters in der Slowakei Bescheid gewusst, aber keine Anzeige erstattet und weder Staatsanwaltschaft noch die Justizbehörden informiert, so der Vorwurf.
In der Anzeige wird darauf verwiesen, dass die österreichischen Behörden bereits am 23. Juli über den versuchten Munitionskauf in Kenntnis gesetzt wurden - ein Umstand, der aus einem schon am Mittwoch bekannt gewordenen Schreiben der slowakischen nationalen Kriminalagentur hervorgeht. Am 10. September informierte laut diesem Schriftstück dann die österreichische Verbindungsstelle von Europol die slowakischen Behörden darüber, dass einer der beiden gescheiterten Munitions-Käufer der österreichischen Polizei bereits damals in Zusammenhang mit Terrorismus bekannt gewesen ist. Auch wurde darauf verwiesen, dass der Betroffene (der spätere Wien-Attentäter) im Jahr 2019 in einem Terrorprozess als IS-Sympathisant zu 22 Monaten Haft verurteilt worden war.
In der von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebrachten Anzeige wird auch erwähnt, diese Informationen an die Abteilungen „Nachrichtendienst“ sowie „Terrorismus und Extremismus“ im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ergangen sein sollen. Auch das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT Wien) - dessen Chef als erste Konsequenz bereits abberufen wurde - sei informiert worden.
„Somit steht fest, dass die österreichischen Behörden im Juli 2020 in Kenntnis des Vorfalls waren“, heißt es in der Anzeige. Und sie hätten damit auch gewusst, „dass ein bereits wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilter und auf Bewährung vorzeitig aus der Haft entlassener islamistischer Gefährder“ den Versuch unternommen habe, an Munition für Kriegsmaterial zu kommen. Dies lasse den Schluss zu, dass der Betroffene auch Inhaber einer verbotenen Waffe und unter Umständen mehrerer verbotener Waffen gewesen ist.
Kein Anlassbericht and die Staatsanwaltschaft
Es sei jedoch kein Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft erstattet worden, schreibt die FPÖ in ihrer Anzeige. Auch sei das Gericht, welches die Bewährungsauflagen des bedingt entlassenen Mannes (im Dezember 2019 statt im Juli 2020) überprüft, nicht über den Verdacht des Munitionskaufs informiert worden. „Führende Justizvertreter“ würden bestätigen, dass davon auszugehen sei, dass der spätere Attentäter in Haft genommen worden wäre, hätte die Justiz Kenntnis über den versuchten Munitionskauf erlangt. Denn bei einem Gefährder hätte diese Aktion für den Anfangsverdacht gereicht, dass neuerlich strafbare Handlungen in Planung sind.
Es liege daher der begründete Verdacht vor, dass die Behörden durch das „wissentliche Unterlassen sämtlicher Ermittlungsschritte“ bzw. das „wissentliche Unterlassen ihrer Anzeige- und Berichtspflicht an die Justizbehörden“ vorsätzlich „ihre Befugnis als Organ wissentlich missbraucht haben“, heißt es in der Anzeige.
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