Patienten stehen hinter ihrem „Mediziner“, der, ohne ein echter Arzt zu sein, im südsteirischen Kitzeck Menschen behandelte. „Ich wollte ja aufhören, aber die Nachfrage ist immer weiter gestiegen“, sagt der 59-Jährige. Sogar der Bürgermeister ließ sich von ihm behandeln.
Manchmal bringt intensive Recherche Ergebnisse, die anders sind, als man sie erwartet hätte. Verblüffend anders - wenn es um jenen „Arzt“ aus Kitzeck geht, der über Jahre mehr als 100 Patienten behandelt haben soll, ohne die medizinische Ausbildung dafür zu haben. „Sie werden wohl nur wenige Kunden finden, die schlecht über ihn reden“, sagt etwa Bürgermeister Josef Fischer. Der sogar selbst Patient beim „Doktor“ war, „auch meine Familie. Er hat uns allen sehr geholfen.“
„Es war alles top“
Im Falle des Gemeindevorstands mit dem Knie. „Als ich das erste Mal dort war und ihm meine Beschwerden noch gar nicht gesagt hab, ließ er mich voran ins Behandlungszimmer gehen. Und hat sofort auf das Knie getippt - wo ich einen Kreuzbandriss hatte. Das ist mir noch nie passiert, dass jemand aufgrund der Bewegung eine Diagnose stellen konnte.“ Und half: „Ich habe auch Akupunktur bei ihm gemacht, alles top.“
Ins selbe Horn stößt zum Beispiel auch Anita G.: „Mir ist vor vielen Jahren beim Hausbau ein Ziegelstein auf den Kopf gefallen.“ Folge: Genickschmerzen ohne Ende, über viele Jahre, Therapien, Behandlungen; kein Erfolg. „Dann hat mir jemand den Arzt aus Kitzeck empfohlen. Mir ist vorgekommen, dass er meinen Körper richtig scannt, er hat sofort auf die Halswirbelsäule getippt. Und ich bin schmerzfrei rausgegangen.“
„Tollen Behandler genommen“
Die Fakten darf man dennoch nicht vergessen: Der Mann hat kein Medizinstudium. Und wurde auch von Patienten angezeigt! Verblüffend dazu: „Unser Zorn richtet sich nicht gegen den ,Arzt’, sondern gegen die, die ihn vernadert haben“, poltert jemand, der anonym bleiben möchte. „Die haben uns einen tollen Behandler genommen.“
Auch ungebührlich bereichert haben soll sich der falsche Mediziner nicht. Josef Fischer: „Die Behandlung hat weniger gekostet als ein Besuch beim Friseur.“ Der Bürgermeister sagt klar: „Wenn er eine Möglichkeit findet, auf anderen Wegen Menschen zu helfen, machen sicher ganz viele gleich wieder einen Termin aus.“
Konsequenzen müssen getragen werden
Freilich betont er auch: „Er hat einen Superjob gemacht. Er hat die Leute aber mit dem Titel getäuscht - dafür muss er natürlich die Konsequenzen tragen.“ Ein Vertrauter des falschen Arztes lässt von ihm ausrichten, dass er sich dessen auch bewusst sei. Er habe aber Ausbildungen aller Art, die jedoch in Österreich nicht anerkannt seien. Und er wollte zwischendurch seine Tätigkeit einstellen - aufgrund der Mundpropaganda seien aber immer mehr Patienten gekommen.
Falsche Utensilien im Internet bestellt
Unterdessen werden immer mehr skurrile Details bekannt, wie es dem Südsteirer gelang, alle zu täuschen. Die Promotionsurkunde, die ihn als „Doktor der Medizin“ auswies, bestellte er per Mausklick im Internet - um 9,99 Euro. „Schenken Sie sich selbst oder Freunden einen Master, Bachelor oder Doktortitel“, wird auf der entsprechenden Homepage geworben - woraufhin sich der Möchtegern-Arzt gleich selbst beschenkte.
An Rotkreuz-Jacken kommt man ebenfalls leicht - sie werden sogar auf Flohmärkten angeboten oder oft nicht zurückgegeben, wenn jemand aus dem Rettungsdienst ausscheidet. Und wie gelangte der Kurpfuscher an das Schild mit der Aufschrift „Arzt im Dienst“? Auch das funktioniert im Handumdrehen: Auf Amazon kann man das günstigste um gut zwölf Euro bestellen - nachgefragt wird nicht.
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