Debatte neu entbrannt

Schulschließungen: Eltern dagegen, Experten dafür

Österreich
09.11.2020 11:58

Einen deutlich strengeren Lockdown als derzeit fordert eine Gruppe österreichischer Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen. Sie sprach sich am Montag für die sofortige Schließung aller Schulen, die „Pflicht zu Home-Office, wo immer möglich“, sowie die Erhöhung des Mindestabstands von einem auf zwei Meter aus - andernfalls würden Österreich überlastete Spitäler und Triage drohen. Eltern sprachen sich hingegen bereits mehrfach dafür aus, die Schulen offenzuhalten - ebenso Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), der stets betonte, den Betrieb „so lange wie möglich“ aufrechterhalten zu wollen.

„Der ,Lockdown light‘ setzt, im Gegensatz zum rigorosen Lockdown im Frühjahr, teils auf die falschen Maßnahmen und ist viel zu locker“, meinen der Mathematiker Peter Markowich, der Informatiker Georg Gottlob und die beiden Physiker Christoph Nägerl und Erich Gornik, allesamt Träger des Wittgenstein-Preises - der höchste Wissenschaftsförderpreis Österreichs - in einer Stellungnahme. Sie sehen daher „nach aller wissenschaftlicher Evidenz Österreich seit Wochen ungebremst in die Katastrophe überlasteter Spitäler fahren, wo Ärzte Triage machen und Patientinnen unbehandelt sterben lassen müssen“.

Symbolbild (Bild: ©Dennis M. Swanson - stock.adobe.com)
Symbolbild

Schulen seien keine „sicheren Orte“
Nach Ansicht der vier Wissenschaftler sind Schulen „einer der Treiber von respiratorischen Viren, das ist eine bewiesene Tatsache. Österreichische Studien, die das Gegenteil beweisen wollen, sind methodisch falsch bzw. überholt.“ Aussagen wie „Die Schulen sind besonders sichere Orte“ seien nicht aufrechtzuerhalten. Sie empfehlen daher, alle Schulen sofort zu schließen und Unterricht wo möglich online abzuhalten. Die Schulen seien nicht die alleinige Ursache der Explosion der Fallzahlen, aber „ganz sicher ein signifikanter Beitrag“ und „eine der effektivsten Einzelmaßnahmen überhaupt“.


Mit jedem Tag eines „weichen“ Lockdowns werde der Schaden für die Wirtschaft und für die Gesellschaft, inklusive der Kinder, größer. „Auch wenn alle großen Nachteile der Schulschließungen berücksichtigt werden, wiegt die Katastrophe der Überlastung der Spitäler schwerer. Alle, die jetzt gegen Schulschließung reden, müssen dazusagen, dass sie damit für Triage spätestens ab 18. November sind“, meinen die Wissenschaftler.

Studie zeigt: Mehrheit für offene Schulen
Eine Studie allerdings hatte erst am Wochenende gezeigt, dass der Großteil der Eltern gegen die Schließung der Schulen ist. Lehrer, Eltern sowie Schüler wünschen sich einen möglichst normalen Betrieb - dieses Stimmungsbild bestärkt auch eine Umfrage von Unique Research in der ersten Novemberwoche.

(Bild: Unique research; Krone KREATIV)

Bildungsstätten sollen offen bleiben
Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, dass Bildungsstätten offen bleiben sollen, da Kinder wenig zum Infektionsgeschehen beitragen, wie auch die neuesten Zahlen aus Wien zeigen. Dort sank der Anteil der Kinder bei Infektionen seit Schulbeginn. Auch befürchten 62 Prozent, dass dieses Schuljahr für Oberstufen und berufsbildende Schulen ein verlorenes Bildungsjahr sein könnte.

Ein Babyelefant hilft beim Ausmessen des Tischabstandes in einer Klasse in einer Volksschule in Wien. (Bild: APA/HARALD SCHNEIDER)
Ein Babyelefant hilft beim Ausmessen des Tischabstandes in einer Klasse in einer Volksschule in Wien.

Zwei-Meter-Abstand und Home-Office-Pflicht
Weiters empfehlen die Wissenschaftler, den Mindestabstand von einem auf zwei Meter zu erhöhen. Auch Betriebe sollten sofort herunterfahren, speziell Großraumbüros, und eine „Pflicht zu Home-Office, wo immer möglich“, eingeführt werden.

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