Nach weiten Teilen der Politik haben auch Caritas und SOS-Kinderdorf eindringlich an die Bundesregierung appelliert, eine Schließung von Bildungseinrichtungen mit aller Kraft zu verhindern: „In der Krise müssen wir beides schaffen: Wir müssen alte Menschen schützen, weil sie durch das Virus in besonderer Weise gefährdet sind. Und wir müssen unsere Kinder schützen, damit ihnen ihre Bildungschancen nicht genommen werden“, so Caritas-Präsident Michael Landau. SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser ergänzte: „Viele Kinder kämpfen nach wie vor mit den Folgen des ersten Lockdowns.“
Landau verwies am Montag auf Bildungsexperten wie Christiane Spiel, die zuletzt davor warnten, dass die Bildungsschere mit jedem Lockdown weiter aufgehen würde - gerade Kinder aus sozial benachteiligten Familien seien betroffen: „Distance Learning mag funktionieren, wenn ausreichend Platz und entsprechende Computer vorhanden sind und vielleicht ein bildungsaffines Elternhaus, das hier fördert und unterstützt. Aber was heißt das für Kinder, die in kleinen und feuchten Wohnungen ohne Geräte leben müssen?“ 230.000 Kinder gelten in Österreich schließlich als armutsgefährdet - diesen Kindern würden hier neuerlich Chancen genommen.
„Schulschließung kann und darf nur das letzte Mittel der Wahl sein“
Eine Schließung der Schulen hätte darüber hinaus auch „massive Auswirkungen“ für berufstätige Eltern. „Offene Schulen helfen auch dabei, die Betreuung und Pflege älterer Menschen weiter aufrechterhalten zu können. Auch vor diesem Hintergrund ist klar: Eine Schließung von Schulen kann und darf nur das letzte Mittel der Wahl sein. Bund, Länder und jede und jeder Einzelne von uns sind jetzt gefordert“, so der Caritas-Präsident.
Moser: „Schulen sind mehr als Betreuungsstätten“
Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf, unterstrich, dass Schulschließungen „mit aller Kraft“ verhindert werden müssten. Kinder würden „massiven Schaden“ nehmen, wenn ihnen das Lernen mit Gleichaltrigen genommen werde. „Jedes Kind und jeder Jugendliche hat das Recht auf Bildung, auch in der Corona-Krise“, so Moser, der betonte, dass Schulen und Kindergärten mehr seien als Betreuungsstätten für die Kinder von Arbeitskräften.
Zwischen Home-Office und Alltag selbst überfordert
Zudem würden viele Kinder nach wie vor mit den Folgen des ersten Lockdowns kämpfen. Manche seien damals schon schulisch zurückgefallen, wodurch zu befürchten sei, dass sie bei einer weiteren Schulschließung endgültig den Anschluss verlieren. „Gerade für jüngere Kinder ist ein ordentlicher Unterricht über digitale Kanäle kaum machbar. Sie brauchen die Unterstützung ihrer Eltern, die selbst zwischen Home-Office und Alltagsbewältigung gefordert sind“, so Moser, der weiß, dass in manchen Familien der nötige Platz oder auch das notwendige Wissen und die Fähigkeit fehlen, um den Lehrstoff zu vermitteln.
Zudem hofft Moser auf „Solidarität statt Jugend-Bashing“: „Im Frühjahr waren sie wochenlang ohne adäquaten Unterricht zu Hause, konnten ihre Freunde nicht sehen und ihren Hobbys nicht nachgehen. Trotzdem mussten sie in der öffentlichen Diskussion häufig als Sündenböcke herhalten“, hofft Moser auf Verständnis.
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