Die vierte Generation der Ducati Multistrada weist zahlreiche Neuheiten auf. Nicht die geringste ist ihr ultrastarker und dabei extrem kompakter Vierzylinder-V-Motor.
Sie ist fraglos eine der zugleich wichtigsten wie auch interessantesten Neuerscheinungen für die Motorradsaison 2021. Die Ducati Multistrada V4 ist die erste multifunktionale Maschine mit einem Vierzylindermotor, die nach Überzeugung ihrer Erbauer das ganze Spektrum von Expresstempo auf Asphalt über Land- und Bergstraßen bis hin zu Offroad-Passagen beherrscht. Sie folgt der etablierten Multistrada 1260 mit Zweizylinder-V-Motor in L-Konfiguration, weist etwas weniger Hubraum, aber ein Plus an Spitzenleistung auf und bringt dank ihres kompakteren Motors bessere Voraussetzungen für eine optimale Platzierung des Triebwerks im Rahmen mit.
Die vierte Generation der 2003 erstmals erschienen Multistrada wird im Dezember dieses Jahres verfügbar sein. Es gibt sie in drei Versionen: Zur Basisversion kommt die Multistrada V4 S mit elektronischem semiaktivem Fahrwerk, höherwertigen Bremsen und einer umfangreicheren Elektronik-Ausstattung sowie die Multistrada V4 S Sport mit Akrapovič-Schalldämpfer sowie einem Frontkotflügel aus Carbon.
Motor bricht Tradition
Herzstück der neuesten Multistrada ist der auf dem Triebwerk der Panigale basierende, aber in vielen Bereichen deutlich weiterentwickelte V4-Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel. Das Triebwerk realisiert aus 1158 Kubikzentimetern Hubraum eine Maximalleistung von 170 PS bei 10.500/min; das maximale Drehmoment gibt der Hersteller mit 125 Nm bei 8750/min an.
Bei einem Ducati-Motor erstmals seit rund 35 Jahren funktioniert die Ventilbetätigung nicht mittels der für Ducati typischen Desmodromik, sondern mit Hilfe herkömmlicher Ventilfedern. Die Ventile müssen lediglich alle 60.000 Kilometer kontrolliert bzw. eingestellt werden, für Ölwechsel ist ein Intervall von 15.000 Kilometern vorgeschrieben. Ducati verspricht in der Folge niedrige Wartungskosten; verglichen mit den bisherigen Multistrada-Modellen ist das unbestritten richtig. Natürlich entspricht das Triebwerk sämtlichen aktuellen - und bestimmt auch künftigen - Homologationsanforderungen.
Einen Vorteil in der Handhabung sieht der Hersteller darin, dass der erste Gang sehr kurz übersetzt ist, um bei langsamer Fahrt nicht in den Ruckel-Bereich zu kommen und dass der sechste Gang sehr lang übersetzt ist; damit sollen schnelle Passagen mit moderaten Drehzahlen zurückgelegt werden können. Eine von mehreren technischen Finessen ist, dass sich die Kurbelwelle gegenläufig zu den Rädern dreht; damit stellt sie sich der von den Rädern erzeugten Trägheit entgegen und verbessert das Handling und reduziert das Aufschaukeln; Folge sind nach Überzeugung der Entwickler eine gesteigerte Effizienz und höheres Fahrvergnügen auf der Straße.
Tausendsassa in Sachen Elektronik
Großen Aufwand betreibt Ducati für die Multistrada V4 S auf dem Gebiet der Elektronik. Ein Sechsachsen-Sensor erfasst sämtliche Fahrzustände und sendet seine Signale an ein Steuergerät, das von der dynamischen Traktionskontrolle über die Wheelie-Kontrolle bis zum Kurven-ABS für maximale Sicherheit wie für maximale Fahrdynamik zugleich sorgt. Das semiaktive Skyhook-Fahrwerk, das schon im Vormodell verfügbar war, wurde um einen Niveauausgleich erweitert. Alle Versionen erhalten ein vollfarbiges TFT-Display, dessen Oberfläche überarbeitet wurde. Bei der Basisversion misst die Anzeige 5 Zoll, bei der S-Version 6,5 Zoll. Hier gibt es dann auch einen Joystick zur leichteren Navigation im neuen, nach Meinung der Entwickler sehr intuitiven Menü des Bordcomputers. Neu ist, dass man dank des Ducati-Connect-Systems mit Hilfe einer App die Karte des Navigationssystems direkt auf dem Display anzeigen kann. Das Smartphone wohnt in einem kleinen Fach auf dem Tank und kann dank USB-Anschluss dort auch geladen werden.
Erstes Bike mit zwei Radarsensoren
Neu ist die optionale Möglichkeit, die S-Version der Multistrada V4 mit Front- und Heckradar auszurüsten. Auf diese Weise kann eine adaptive Geschwindigkeitsregelung genauso realisiert werden wie ein Totwinkel-Warner; beide Systeme wurden in Zusammenarbeit mit Bosch realisiert. Die S-Version wird zudem zusätzlich mit schlüsselloser Zündung und einigen weiteren Ausstattungsfinessen ausgerüstet.
Für die vierzylindrige Multistrada wurde ein neuer Monocoque-Rahmen aus Aluminium entwickelt. Das Vorderrad misst nun nicht mehr 17, sondern 19 Zoll, womit auch Speichenräder sowie Offroad-Bereifung möglich werden. Die Federwege liegen mit 17 Zentimetern vorn und 18 Zentimetern hinten zwar ein Stück unter denen anderer Reiseenduros, aber die Multistrada ist wohl auch künftig eher als „Auch“-offroadfähig zu sehen und weniger als Geländeziege. Mit einem fahrfertigen Gewicht von rund 240 Kilogramm darf man die Italienerin angesichts ihrer extrem fülligen Ausstattung als „noch schlank“ bezeichnen; die Zuladung beträgt 230 Kilogramm. Ducati gibt einen Normverbrauch von 6,5 Litern an, sodass der 22-Liter-Tank eine Reichweite von gut 300 Kilometern erlauben sollte.
Selbstverständlich bietet die Multistrada V4 S alles, was im Segment der Hightech-Reisemaschinen üblich ist: So stehen zwei Sitzhöhen - 84 und 86 Zentimeter - zur Verfügung, der Windschild ist mit nur einem Finger in der Höhe verstellbar und mit seitlichen Windabweisern kombiniert. Zur Steigerung des Komforts wird bei Stillstand des Fahrzeugs im Leerlauf die hintere Zylinderbank deaktiviert, um die Wärmeabstrahlung zu reduzieren.
Mehr Kundennähe zeigt Ducati bei der Multistrada V4 dadurch, dass Käufer ihr Motorrad bereits ab Werk nach ihren Vorstellungen konfigurieren können; bei den Händlern werden dann lediglich noch Zubehörpakete hinzugefügt. Für die Basisversion gibt es fünf Pakete, für die S-Version vier (Update: Die Preise für das Modelljahr 2022: V4 - 23.195 Euro: V4 S - 26.695 Euro).
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