Die Stimmen gegen einen Bildungs-Shutdown werden immer mehr. Neben Kinderärzten plädieren auch die Landeshauptleute dagegen - und auch Eltern wollen offene Schulen.
Angst vor Bildungsnachteilen, eine forderndere Situation für Systemerhalter und drohende familiäre Probleme: Zwei Drittel der Eltern wollen, dass Schulen für Sechs- bis 14-Jährige offen bleiben, wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Bildungsministeriums zeigt.
Das liege auch daran, dass nun eine andere Sachlage herrsche als noch zu Beginn der Pandemie, wie Meinungsforscher Peter Hajek, der die Befragung durchführte, erklärt: „Im Frühling wusste man noch sehr wenig über das Virus, heute sind die Menschen informierter.“
Herausforderung heute größer
Die Herausforderung ist aber auch größer: „Im ersten Lockdown war alles geschlossen, heute ist der Handel offen, die Spitäler sind voller“, sagt Hajek. Das spiegle sich in den Fragen wider: Während im März noch sechs Prozent angaben, bei geschlossenen Schulen eine Notbetreuung in Anspruch zu nehmen, waren es im November 19 Prozent.
18 Prozent der 600 Befragten gaben zudem an, dass geschlossene Schulen sie vor familiäre Probleme stellen würden - das sei vor allem bei Eltern von Volksschülern und jüngeren Eltern der Fall. Umgekehrt halten eher Eltern in der Altersgruppe 50+ und nicht-berufstätige Eltern eine Schließung bis Mitte November für richtig. Das Distance-Learning für die Oberstufe stößt auf eine weniger breite Ablehnung (nur 14 Prozent halten es für sehr falsch).
Bildungsminister und Bundesländer einig
Inwieweit diese Angaben in politische Entscheidungen fließen, wollte man im Bildungsministerium am Dienstag nicht kommentieren. Minister Heinz Faßmann (ÖVP) ließ aber wissen: „Ich habe immer gesagt, dass ich die Schulen so lange wie möglich offen halten will. Wir schauen uns die Infektionszahlen sehr genau an und entscheiden dann über das weitere Vorgehen. Es gilt, eine gute Balance zwischen dem Gesundheitsschutz und den berechtigten Interessen auf Bildung herzustellen.“
Rückendeckung kommt dabei von den Ländern: „Die Position aller Bundesländer ist klar: Die Schulen sind die Letzten, die im Zuge weiterer Maßnahmen geschlossen werden dürfen. Man muss Nutzen und Schaden gegenüberstellen, und die Schließung von Schulen hat epidemiologisch keine Auswirkung. Im Gegenteil, während der Herbstferien, als die Kinder frei hatten, stiegen die Infektionszahlen“, sagte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) nach einer Videokonferenz aller Länder mit Faßmann.
Auch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) sprach sich, wie berichtet, gegen eine Schließung aus. Die Entscheidung über eine Schließungen solle auf Basis „wissenschaftlicher Evidenz, welche laufend zunimmt“ und nicht durch „unbewiesene Meinungen, fälschlicherweise von anderen Erkrankungen abgeleitete Annahmen oder unbegründete Angst“ erfolgen, so die Kinderärzte.
Schulen: Europa geht unterschiedlich vor
In Europa geht man mit dem Thema übrigens unterschiedlich vor. In manchen Staaten sind die Schulen geschlossen - wie in Tschechien, Slowenien oder Polen -, in den meisten sind sie offen. Eine dritte Gruppe - darunter Österreich - differenziert nach Alter und ordnet Distance Learning für ältere Schüler an.
Derzeit geöffnet halten die Schulen etwa in Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Schweden, der Schweiz oder den Niederlanden. Die tschechischen Schulen sind seit Mitte Oktober geschlossen, Slowenien und Polen schickten zunächst die älteren Schüler nach Hause und ließen nun die jüngeren folgen.
Anna Haselwanter, Kronen Zeitung/krone.at
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