Kürzlich erging die Expertenempfehlung an die Europäische Union, Wasserkraft künftig als „Brückentechnologie“ einzustufen. Diese zweifellos saubere Energiegewinnung würde mit Atomstrom und Erdöl gleichgesetzt.
Für das Ziel Tirols, bis 2050 energieautonom, sprich unabhängig von Erdöl, Erdgas oder Atomstrom zu sein, aber auch für die Pläne des Bundes, ab 2030 Österreich nur mehr mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen, ist dieser Plan ein Schlag ins Gesicht. Denn ohne Wasserkraft und der damit verbundenen künftigen Mehrnutzung dieser Energiequelle sind diese Ziele unerreichbar.
Wasserkraft ist unverzichtbar die wichtigste Energiequelle Österreichs. Rund 60 Prozent des derzeit in Österreich produzierten Stroms stammen aus der Kraft des Wassers. Speziell Tirol ist aufgrund seiner topografischen Lage ein Wasserkraft-Land.
Gleichsetzung wäre eine Bremse für Investitionen
Geht es nach den Plänen von EU-Experten, soll der Wasserkraft künftig der Hahn abgedreht werden. In einem Papier, das im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie-Verordnung (siehe Factbox) im Auftrag der EU-Kommission erstellt wurde, hat eine „Experten-Kommission“ die Wasserkraft als „Brückentechnologie“ klassifiziert.
Diese Einstufung würde bedeuten, dass Strom aus Wasserkraft fossiler Energie oder Atomstrom gleichzusetzen sei und diese als Übergangstechnologie zu werten wäre. Damit würde Wasserkraft im Gegensatz etwa zu Photovoltaik und Windkraft klar benachteiligt. Dringend notwendige Investitionen würden ausbleiben.
„Sachlich nicht gerechfertigt“
„Das wäre für Österreich und viele Energieexperten in Europa völlig unverständlich und sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Schlechterstellen der Wasserkraft würde die Klimaziele Europas und Österreichs gefährden“, betont Staatssekretär Magnus Brunner gegenüber der „Krone“.
Er hat sich nun mittels Brief an die zuständige irische EU-Kommissarin Mairead McGuinness gewandt und sie dringend ersucht, von der (Fehl-)Einschätzung der „Expertengruppe“ abzusehen. Die EU-Kommission will ihre Pläne demnächst vorstellen. Bleibt zu hoffen, dass sie von den Empfehlungen der Experten abgeht.
Daten und Fakten
Die sogenannte Taxonomie-Verordnung der Europäischen Union ist eine Verordnung, die Vorgaben für nachhaltige Investitionen definiert. Sie enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist (Taxonomie), um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.
Interview mit Magnus Brunner
Herr Staatssekretär, ist die Wasserkraft nur mehr eine „Brückentechnologie“?
Brunner: Wasserkraft ist natürlich keine ,Brückentechnologie’ und auch keine Übergangstechnologie, sondern ein unverzichtbares Standbein für eine nachhaltige Energiezukunft! Daher ist die Einschätzung dieser sogenannten „Expertengruppe“ unverständlich und aus meiner Sicht eindeutig falsch!
Was, wenn Wasserkraft dennoch so eingestuft wird?
Eine Einstufung als ,Brückentechnologie’ hätte massive negative Auswirkungen für die Wasserkraft in ganz Europa und damit auch in Österreich. Stark betroffen wären die westlichen Bundesländer wie Tirol und Vorarlberg. Um unser Ziel - 100% Ökostrom bis 2030 - zu erreichen, brauchen wir jede Kilowattstunde Strom aus erneuerbarer Energie, die wir bekommen können.
Die Wasserkraft ist unsere wichtigste Energiequelle. In Österreich und in vielen europäischen Ländern gibt es noch ein großes Potenzial für nachhaltige Investitionen in diesem Bereich.
Wie geht es nun weiter?
Wir kämpfen auf allen Ebenen für geeignete Rahmenbedingungen für die Wasserkraft, denn wir können nicht zulassen, dass die EU statt auf erneuerbare Energien wie der Wasserkraft in Zukunft noch stärker auf Atomstrom setzt. Das wäre genau der falsche Weg. Noch bin ich aber zuversichtlich, dass die EU-Kommission die richtige Entscheidung treffen wird.
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