Mutter gibt offen zu:

„Habe damit gerechnet, dass Leon sterben wird!“

Tirol
15.11.2020 14:00

Jugendliche mit Suchtproblemen können ihren Eltern viel abverlangen. Bisher haben das in der „Krone“ drei Familien aufgezeigt. Nun reiht sich eine weitere, in Innsbruck lebende Mutter in diese Riege ein. Ihr Sohn (16) ist drogenabhängig. Er hatte zwei Überdosen, es war - wie er zugab - beide Male ein Versuch, sich das Leben zu nehmen. Auch Erpressungen durch das Jugendamt stehen im Raum.

Der Einstieg in die Drogenszene erfolgte für den damals 15-jährigen Leon (Name geändert) im Herbst 2019 mit Kiffen und Alkohol. Er schwänzte die Schule, die Lage zu Hause schaukelte sich auf. „Leon wandte sich an eine Beratungsstelle für Jugendliche. Dort wurde er über seine Rechte aufgeklärt. Zum Beispiel hat man ihm genau gesagt, wie viel Gramm Gras er legal besitzen darf. Seit diesem Zeitpunkt habe ich die Kontrolle über ihn komplett verloren. Er hat gemacht, was er wollte. Tauchte tagelang nicht auf, schmiss die Schule hin“, schildert seine Mama.

Drogenersatzmittel auf Straße gekauft
Bei Marihuana blieb es nicht. Hinzu kamen Ecstasy, Kokain, Speed sowie Substitutionsmittel. Er habe vieles ausprobiert, so die Mutter, die Drogenersatzmittel habe er problemlos auf der Straße um einen bis drei Euro pro Stück kaufen können. Das Jugendamt schaltete sich ein, Leon kam in einen Übergangswohnbereich für Jugendliche. Auch dort konsumierte er munter weiter.

„Er schleppte sich zu mir“
„Zweimal erlitt er eine Überdosis. Einmal davon sogar im Übergangswohnbereich, wo keiner die Rettung gerufen hatte. Er schleppte sich zu mir und ich holte dann Hilfe. Im Nachhinein hat er beide Male eingestanden, dass er sich umbringen wollte“, erzählt die Frau.

Dem 16-Jährigen setzt die Situation ordentlich zu (Symbolfoto). (Bild: stock.adobe.com)
Dem 16-Jährigen setzt die Situation ordentlich zu (Symbolfoto).

„Keine Selbst- oder Fremdgefährdung feststellbar“
Leon wurde sowohl in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Hall als auch in die Kinderklinik Innsbruck eingeliefert. „Er wurde stets wieder entlassen, weil laut Ärzten keine Selbst- oder Fremdgefährdung feststellbar war“, erklärt die Mutter. Sie habe das Jugendamt um Hilfe gebeten, doch dort habe es geheißen, dass man nichts machen könne. Leon müsse selbst entscheiden, ob er einen Entzug machen wolle oder eben nicht.

„Sollte mich zwischen meinen Kindern entscheiden“
Doch es kommt noch wesentlich härter: „Ich wollte mein Kind wieder bei mir aufnehmen. Das Jugendamt hat mir jedoch untersagt, ihn ins Haus zu lassen - weil er eine Gefahr für meine kleine Tochter sei. Sie haben mir gedroht, meine Tochter wegzunehmen. Ich hätte mich zwischen meinem Sohn und ihr entscheiden sollen.“ Hilfe erhielt sie von einem Arzt an der Klinik: „Er hat alles in die Wege geleitet, dass das Jugendamt von dieser Maßnahme wieder absieht - zumindest vorerst.“

Der Weg zurück ins normale Leben ist hart
Momentan sei Leon einsichtig. Er nehme ambulante psychologische Betreuung in Anspruch, um den Absprung zu schaffen. „Vor Kurzem durfte mein Sohn auch in einem Betrieb eine Schnupperwoche absolvieren“, gibt die Mama preis.

Symbolbild. (Bild: Peter Tomschi (Symbolbild))
Symbolbild.

„Er will, dass uns das Jugendamt in Ruhe lässt“
So wie es aussieht, erhält er demnächst einen Platz in einer Wohngemeinschaft inklusive 24-Stunden-Betreuung - sofern sich das Jugendamt nicht querstellt. „Dem steht Leon positiv gegenüber, vor allem weil er unbedingt möchte, dass das Jugendamt mich und seine kleine Schwester in Ruhe lässt“, verrät seine Mutter.

Leon kannte Drogenopfer Melina (13)
Auch Leon hat jene 13-Jährige gekannt, die - wie berichtet - Mitte August an einer Drogenüberdosis gestorben ist. „Ich dachte, dass er auch so enden wird, und habe damit gerechnet, dass er sterben wird. Ich versuche Leon stets vor Augen zu führen, dass ihn dasselbe Schicksal ereilen könnte“, betont sie mit zittriger Stimme.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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