Die Bundesregierung hat am Samstag die Verschärfung des zweiten Lockdowns bis 6. Dezember verkündet - drastische Ausgangsbeschränkungen inklusive. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) appellierte eindringlich: „Treffen Sie niemanden! Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel!“ Es gehe nun darum, dass „jeder Weihnachten wieder mit seinen Lieben verbringen“ könne. Geschäfte und Dienstleister wie Friseure werden geschlossen, Pflichtschulen stellen auf Distance Learning um. Allerdings werden Kindergärten und Pflichtschulen weiterhin eine Betreuung anbieten. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) versprach wie schon im Frühjahr „rasche und unbürokratische Hilfe“ für vom Lockdown betroffene Unternehmen.
Kurz sprach eingangs von „herausfordernden Zeiten“. Wie bereits angekündigt, werde man „nachschärfen“, da die Zahlen der Neuinfektionen mit dem Coronavirus nicht entsprechend sinken: „Dass es bei der Verkündung der Maßnahmen keine sofortige Wirkung gibt, war erwartbar. Dass die Zahlen jetzt aber auch nicht sinken, macht leider eine weitere Verschärfung notwendig.“ Derzeit sei die Sieben-Tage-Inzidenz zehnmal so hoch als gut wäre. „Mir ist klar, dass es immer noch viele gibt, die sagen, dass sich ja niemand beim Einkaufen oder im Restaurant ansteckt. Aber ich gebe zu bedenken, dass 77 Prozent der Neuinfektionen nicht mehr nachverfolgbar sind“, so der Kanzler.
Harter Lockdown bis 6. Dezember
Würde man nicht reagieren, käme es in Kürze zur Überforderung der Intensivstationen. Daher werde man für zweieinhalb Wochen, bis einschließlich 6. Dezember, den Lockdown verschärfen, erklärte Kurz.
Nach Möglichkeit solle man sein Zuhause nicht verlassen, und wenn, dann nur mit Personen, die im selben Haushalt leben. „Es gibt wie im Frühjahr nur vier Gründe rauszugehen“, betonte Kurz. Um seinem Beruf nachzugehen, um anderen zu helfen oder jemanden zu pflegen, für Besorgungen des täglichen Bedarfs und um sich die Beine zu vertreten oder Sport zu machen. Wer alleine lebe, solle nur eine Person treffen, mit der er oder sie sich trifft, um die Kontakte weitgehend zu reduzieren.
Als Positivbeispiel nannte Kurz Israel, dort sei man während der zweiten Welle in einen Lockdown gegangen und stehe mittlerweile „wieder gut da“: „Je stärker wir zusammenhalten, umso kürzer wird der Lockdown.“
„Uns ist bewusst, dass das eine Zumutung ist“
Vizekanzler Werner Kogler sagte, die bisherigen Maßnahmen hätten leider nicht gereicht, um die Ausbreitung einzudämmen: „Auch wenn es mir persönlich sehr schwerfällt, muss ich Sie um Ihre Mitarbeit bitten“, so Kogler an die Bevölkerung: „Auch uns, der Bundesregierung, ist es bewusst, dass das eine Zumutung ist. Aber damit können Sie Leben retten, des Onkels, der Nachbarin, der Oma oder des Opas - oder sogar Ihr eigenes, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.“ Nicht jeder müsse an Covid erkranken, aber jeder könnte einmal ein Intensivbett brauchen, etwa nach einem Unfall oder Herzinfarkt: „Und jeder, der ein Intensivbett braucht, soll eines bekommen“, betonte der Vizekanzler.
Video: Das Statement von Vizekanzler Kogler
Kogler versprach betroffenen Unternehmen zudem „rasche und unbürokratische“ Hilfe. Man wolle Arbeitsplätze absichern, der Umsatzersatz werde weiterhin über das FinanzOnline-Tool beantragbar sein. Eine „Überförderung“ großer Betriebe werde durch die Deckelung der EU verhindert, so Kogler. Ähnlich wie für die Gastronomie wird es vom Staat Hilfen für die entgangenen Umsätze im Handel geben.
Anschober: „Bremsweg beträgt zwei Wochen“
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte, es sei unbedingt notwendig, „jetzt die Notbremse zu ziehen, denn der Bremsweg bis zu einer Auswirkung in den Spitälern beträgt zwei Wochen“. „Österreichs Gesundheitssystem ist ein sehr starkes, aber es kommt derzeit an seine Grenzen“, so der Gesundheitsminister. Dieser Lockdown sei „die letzte Chance“, aber „wir haben im Frühjahr gezeigt, dass wir das können. Wir können das Coronavirus zurückdrängen und viele Menschenleben mit knapp drei Wochen Lockdown schützen.“
Video: Die Statements von Gesundheitsminister Anschober und Innenminister Nehammer
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mahnte, wie schon im Frühjahr, auch jetzt einen „nationalen Schulterschluss“ ein. Die Polizei werde auch weiterhin die Gesundheitsbehörden bei der Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen unterstützen. „Ja, es zipft jeden an, sich an die Maßnahmen zu halten. Das ist uns bewusst. Aber es ist notwendig. Es geht um die Entlastung der Spitäler.“ Auf die Frage nach der Reisefreiheit sagte der Innenminister, dass die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien weiterhin aufrecht bleiben.
Katholische Kirche setzt Gottesdienste aus, Ordinationen geöffnet
Die katholische Kirche gab am Samstagabend bekannt, öffentliche Gottesdienste auszusetzen für die Dauer des Lockdowns. Auch die Ärztekammer bezeichnete den Lockdown als „alternativlos“. Die Ordinationen bleiben auch im harten Lockdown uneingeschränkt geöffnet. Die Ärztekammer wies zugleich aber auf die „unbedingte“ Notwendigkeit von Terminvereinbarungen hin. Begleitpersonen sollten nur nach Rücksprache in die Ordination mitkommen.
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