Seine Woodstock-Mitstreiter Jimi Hendrix und Janis Joplin sind seit 50 Jahren tot. Andere Teilnehmer des legendären Festivals wie Pete Townshend und Roger Daltrey (The Who), Neil Young und Carlos Santana genießen bis heute Weltruhm. Um John Fogerty, der im Mai ohne viel Brimborium seinen 75. Geburtstag feierte, war es indes lange sehr still.
Und das, obwohl er mit seiner Band Creedence Clearwater Revival (CCR) im August 1969 zu den Zugpferden von „Woodstock Music & Art Fair“ gehörte und seither als eine der großen US-Rockikonen gilt. Jetzt liefert der im kalifornischen Berkeley geborene Gitarrist und Singer-Songwriter mit der berühmten Nebelhorn-Stimme ein äußerst sympathisches Lebenszeichen ab.
Familiensache
Das Album „Fogerty‘s Factory“ enthält zwar keine neuen Lieder, sondern bewährtes Material aus seiner glorreichen Zeit mit CCR („Have You Ever Seen The Rain“, „Bad Moon Rising“) und den Solojahren seit 1973, außerdem zwei Evergreens von Bill Withers („Lean On Me“) und Steve Goodman („City Of New Orleans“). Der Clou: Die zwölf Aufnahmen sind eine reine Familiensache aus dem Corona-Lockdown der Fogertys. In einer Quarantäne-Phase spielte der nette Patriarch John mit den Söhnen Shane und Tyler sowie Tochter Kelsy zuhause alte Songs ein.
Fans konnten daran Anteil nehmen, denn jeden Freitag wurde aus dem Heimstudio ein neues Video bei YouTube veröffentlicht. „Als die Welt im März wegen der Pandemie zum Stillstand kam, waren die Nachrichten düster und beängstigend“, erzählt der Woodstock-Veteran. „Aber es brachte auch viele von uns zusammen. Wir stellten bald fest, dass wir Zeit hatten, die wir vorher nie hatten. Unsere Familie wollte etwas tun, das uns ein Lächeln schenken oder anderen helfen könnte.“ Seine Frau Julie, der Fogerty einst das Liebeslied „Joy Of My Life“ (Freude meines Lebens) widmete, habe daher vorgeschlagen, „Musik zu machen, um den Schmerz, den wir alle empfanden, etwas zu lindern. In unserer Familie hat uns die Musik so viel Freude gebracht, und wir dachten, wir könnten diese Freude irgendwie teilen.“
Parallelen erkennbar
Die Videos wurden von Millionen Zuschauern angeschaut. Außerdem gab es ein Radio-Special „The Fogerty Rockin‘ Family Hour“, bei dem der vitale alte Herr mit seinen Kindern über die Musik und das Leben sprach. Die familiären Bindungen gingen so weit, dass Julie Fogerty und ein anderer Verwandter, Bob Fogerty, das Cover-Artwork und die Fotos zu dem Album übernahmen - unübersehbar eng angelehnt an die Plattenhülle des 50 Jahre alten CCR-Klassikers „Cosmo‘s Factory“.
Dass Fogerty, immerhin Autor des Anti-Vietnamkriegs-Songs „Fortunate Son“, immer noch ein politischer Künstler ist, zeigt er mit seiner Version von „Lean On Me“, einem wichtigen afroamerikanischen Lied. „Wir leben in einer bemerkenswerten Zeit“, sagt er vor den ersten Akkorden des Withers-Stücks. „Protestierende in ganz Amerika und überall auf der Welt stehen auf gegen das Böse des Rassismus. Ich bin so stolz auf die jungen Menschen dieser Generation.“ Es gehe um Menschenrechte und Mitgefühl, betont der 75-Jährige. Sehr berührend. Ja, es tut gut, auf diesem Lockdown-Album die engagierten Worte und den immer noch markanten Gesang des begnadeten Musikers John Fogerty zu hören. Denn leider gibt es in seiner über 50-jährigen Karriere bedauernswerte Leerstellen.
Absolute Legenden
Die 1967 gegründete Blues- und Countryrock-Band CCR, zu der auch sein Bruder Tom gehörte, war zeitweise fast so groß wie die Rolling Stones oder die Beatles - mit Welthits wie „Proud Mary“, „Green River“ oder „Who‘ll Stop The Rain“. Der „Rolling Stone“ zählt John Fogerty zu den besten Sängern und Songwritern aller Zeiten. Er gewann 1997 solo einen Grammy, ist Mitglied der Rock And Roll Hall Of Fame und hat einen Stern auf dem Hollywood Walk Of Fame.
Aber es gibt kein nennenswertes Fogerty-Spätwerk, also keine großen Lieder aus den vergangenen 20 Jahren. Zuletzt kamen von ihm Live-Alben, CCR-Wiederveröffentlichungen und Best-Of-Kompilationen, auf „Wrote A Song For Everyone“ (2013) genoss er die Ehrerbietung jüngerer Kollegen. Der familiäre Zeitvertreib mit „Fogerty‘s Factory“ bietet zwar wieder nichts Neues, tröstet mit seiner anheimelnden Warmherzigkeit aber immerhin ein wenig über dieses Manko hinweg.
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