Im Zuge der Ermittlungen um den Terroranschlag in Wien vom 2. November treten immer mehr Hinweise zutage, die darauf hindeuten, dass der Attentäter Kujtim F. einem länderübergreifenden Netzwerk der radikalislamistischen Terror-Miliz IS angehört haben könnte. Zentrale Rolle dürfte dabei ein deutscher Staatsbürger gespielt haben, der 2017 in Hamburg als „Foreign Terrorist Fighter“ verurteilt wurde und der bis Mitte Oktober in Wien lebte.
W. A. gilt seit seiner Verurteilung als IS-Kämpfer in Salafisten-Kreisen als „große Nummer“, der deutsche Verfassungsschutz stuft ihn als führendes Mitglied der radikalislamistischen Bewegung ein. Nach seiner Verurteilung verlagerte A. seinen Lebensmittelpunkt, ab Jänner 2020 hielt er sich in Wien auf und verkehrte in der hiesigen Islamistenszene. Er besuchte beispielsweise eine Moschee, in die auch der spätere Attentäter ging.
Deutscher besuchte Attentäter in Wien
Es ist davon auszugehen, dass sich A. und der Wien-Attentäter allerspätestens im Sommer 2020 persönlich kennenlernten, da A. erwiesenermaßen Kontakt zu jenen beiden Deutschen hatte, die F. und seinen Freundes- und Bekanntenkreis Mitte Juli in der Bundeshauptstadt besuchten. Zu diesem mutmaßlich konspirativen Islamisten-Treffen reisten auch zwei Schweizer an, die der einschlägigen Szene in Winterthur zugerechnet werden. Unabhängig davon ist ein separates Treffen von A. mit einem führenden Proponenten der Winterthurer Islamisten in Wien dokumentiert.
Nach Deutschland abgeschoben
Allerdings wurde A. am 13. Oktober in der Bundeshauptstadt auf Basis eines gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots festgenommen und in weiterer Folge nach Deutschland abgeschoben. Ab diesem Zeitpunkt pflegte der 22-Jährige über Messenger-Dienste - teilweise regen - Kontakt zu seinen Bekannten in Wien sowie jenen beiden Deutschen, die im Juli in Wien waren. Ob es dabei auch um die Vorbereitung des Terroranschlags ging, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Als gesichert kann jedenfalls gelten, dass A. als Schaltstelle für IS-Sympathisanten in verschiedenen europäischen Ländern diente.
Attentäter hatte Kontakt zu weiteren IS-Anhängern
Nach der APA vorliegenden Informationen wurde F. ausgerechnet am Tag der Abschiebung von A. vom heimischen Verfassungsschutz als „gefährlich“ hochgestuft und ein sogenannter Interventionsplan erstellt, nachdem dessen gescheiterter Munitionskauf in der Slowakei verspätet in eine Datenbank eingespeist worden war. Fest steht inzwischen auch, dass F. Bezugspunkte zu einem weiteren IS-Anhänger hatte, der seit Anfang Oktober in Wien in U-Haft sitzt. Gegen den gebürtigen Türken wird wegen krimineller Organisation und terroristischer Vereinigung ermittelt - er soll 2017 eine junge Frau nach Syrien gebracht und dem IS zugeführt haben.
2671 Textnachrichten müssen ausgewertet werden
Im Zuge des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens war der Türke im vergangenen Sommer vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) observiert worden, sein Telefon wurde überwacht, seine Rufdaten rückerfasst. Dabei zeigte sich, dass der Mann in engem Austausch mit sechs Männern aus dem Bekanntenkreis von F. stand, die mittlerweile wegen möglicher Mittäter- bzw. Mitwisserschaft am Terroranschlag in der Justizanstalt in Wien-Josefstadt inhaftiert sind. Sie gehörten allesamt einer Chat-Gruppe an, über die 2671 Textnachrichten ausgetauscht wurden, die nun ausgewertet werden müssen.
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