Bis Impfstoff kommt

3. Lockdown verhindern: Massentests als Rettung?

Österreich
20.11.2020 06:00

Die türkis-grüne Bundesregierung will im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus auf Massentests setzen (siehe Video oben). Ziel ist es, damit einem dritten Lockdown zu entkommen und die Zeit zu überbrücken, bis eine Impfung gegen SARS-CoV-2 verfügbar ist.

Als Vorbild gilt die Testreihe der Slowakei, die laut Außenminister Ivan Korcok sowohl organisatorisch als auch politisch „extrem herausfordernd“ gewesen sei. Es habe sich aber ausgezahlt. Bei der Aktion unter Freiwilligen erhielten 50.000 Personen ein positives Ergebnis, die nicht gewusst hätten, dass sie sich überhaupt angesteckt hatten. So gelang es, den Replikationsfaktor (wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt) von 1,4 auf 0,7 zu halbieren.

Der slowakische Premier Igor Matovic rief die Bevölkerung seines Landes zu Massentests auf. (Bild: AFP )
Der slowakische Premier Igor Matovic rief die Bevölkerung seines Landes zu Massentests auf.
Die Slowakei führte Massentests durch und testete dabei fast die gesamte Bevölkerung. Jetzt informierte sich auch Österreich über die Organisation und den Effekt dieser Maßnahme. (Bild: AFP)
Die Slowakei führte Massentests durch und testete dabei fast die gesamte Bevölkerung. Jetzt informierte sich auch Österreich über die Organisation und den Effekt dieser Maßnahme.

Massentest: Südtirol investiert 3,5 MIllionen Euro
Auch Südtirol setzt nun auf diese Maßnahme und investiert 3,5 Millionen Euro für 600 Teststationen. Rund 350.000 Personen will man damit erreichen. Die österreichische Regierung rechnet insgesamt mit vier Millionen Freiwilligen in mehreren Tranchen, beginnend mit Anfang Dezember.

PCR-Test (Archivbild) (Bild: AFP)
PCR-Test (Archivbild)

8000 Soldaten, 2000 Teststraßen
Die erste startet nach dem Lockdown am 6. Dezember. Für die Durchführung sollen bei uns etwa 8000 Soldaten eingeschult und 2000 Teststraßen errichtet werden. Die Hoffnung ist, damit weitere Schließungen und wirtschaftlichen Schaden zu verhindern. Der erste Lockdown kostete uns pro Woche zwei Milliarden Euro, jetzt sind es 1,5 Milliarden wöchentlich.

„Infizierter, der nicht erkannt wurde, kann zum Superspreader werden“
Ein negatives Testergebnis darf aber nicht dazu verlocken, gleich wieder Partys steigen zu lassen! Schutzmaßnahmen sind weiterhin zu befolgen, um die Ausbreitung der Pandemie in Schach zu halten. Dies betont auch Virologe Prof. Dr. Heinz Burgmann, MedUni Wien, AKH: „Es kann ein Infizierter, der nicht erkannt wurde, zum Superspreader werden.“ Antigen-Tests entdecken vier von fünf Positiven.

Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann (Bild: NIAID-RML/MedUni Wien/krone.at-Grafik)
Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann

„Ausschlaggebend für die Aussagekraft ist die Wahrscheinlichkeit von Infektionen in der Bevölkerung. Ist die Zahl der Infizierten gering - wie wir nach dem Lockdown hoffen -, sind viele falsch positive Ergebnisse zu erwarten. Diese müssten mittels PCR-Test überprüft werden. Solche Screenings können daher nur Teil der Gesamtstrategie sein“, so Burgmann.

Wie funktioniert ein Antigen-Tets?
Bei einem Antigen-Test wird nicht das Erbmaterial des Virus nachgewiesen (PCR-Test), sondern seine Eiweißfragmente, also Proteine bzw. Proteinhülle. Zur Probeentnahme ist ein Nasen-Rachen-Abstrich notwendig. Der Rest des Verfahrens erinnert an einen Schwangerschaftstest: Die Probe wird aufgebracht, die Reaktion in einem Fenster angezeigt. Positive Ergebnisse müssen mit PCR-Test bestätigt werden. Vorteil: Der Antigen-Test liefert schnelle Ergebnisse. Allerdings finden sich je nach Qualität der Produkte Unterschiede in der Treffsicherheit.

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Karin Podolak, Regina Modl und Eva Greil, Kronen Zeitung

ÖAK-Präsident: Keine anderen Optionen
Ärztekammerpräsident Dr. Thomas Szekeres betont aber, dass für Schnelltests gewisse Voraussetzungen notwendig sind.

„Krone“: Was halten Sie von der geplanten Massentestung?
Thomas Szekeres: Falls gewisse Rahmenbedingungen erfüllt sind, lehne ich das nicht ab. Je höher die Zahlen, desto größer die Treffsicherheit. Das Vorhaben ist zumindest eine Option.

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres (Bild: ÖRK/Holly Thomas Kellner)
Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres

Welche Rahmenbedingungen meinen Sie?
Momentan gibt es eine Reihe von Schnelltests, aber nicht alle sind tauglich. Der deutsche Virologe Christian Drosten hat eine Liste mit einsetzbaren Tests veröffentlicht.

Weitere Auflagen?
Es muss unbedingt darauf geachtet werden, die Tests mehrmals zu wiederholen! Sie stellen ja lediglich eine Momentaufnahme dar. Es wird falsch positive und falsch negative Ergebnisse geben. Wir dürfen uns nicht in falscher Sicherheit wiegen.

Was will die Regierung mit Massentests erreichen?
Dass infizierte Menschen gefunden werden, die sonst nicht daheimbleiben würden. Das wird sich zwangsläufig auf die Ansteckungszahlen günstig auswirken.

(Bild: Christian Jauschowetz)

Lässt sich eine dritte Welle Ihrer Meinung nach damit tatsächlich verhindern?
Das weiß ich nicht. Aber die Regierung versucht alles, um rasch wieder Normalität zu ermöglichen. Es gibt außerdem keine mir bekannten Alternativen.

Sind unsere Ärzte hier mit einbezogen?
Natürlich. Die bei niedergelassenen Ärzten angebotenen Tests haben sogar den Vorteil, dass eine Anamnese stattfindet, also eine genaue Befragung.

Interview: Dr. med Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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