Steirischer Herbst, Bad Gleichenberg, rund um den Nationalfeiertag. Siegfried Wolf, Ex-Magna-Manager und erfolgreicher Geschäftsmann, lädt mitten in der Corona-Krise zur Jagd. Ein prominenter Gast ist René Benko, Milliardenjongleur, Vertrauter von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und jüngst im Ibiza-Ausschuss zu Gast - er wurde im Video von Strache als Millionenspender politischer Parteien genannt, was der Tiroler bestreitet. Herr Benko kauft gerne ein, das steht fest. Nicht nur Immobilien, er greift auch (erfolglos) nach Österreichs größter Zeitung, der „Krone“.
Böses Blut und heiße Thermen-Gefühle
In Bad Gleichenberg ging es laut Informanten im Zuge des Jagderlebnisses um Geschäftliches. Um die edle Therme. Miteigentümerin Anita Müller. Sie ist die Ehefrau des deutschen Drogerien-Magnaten Erwin Müller und will sich als Investorin zurückziehen. Benko und Wolf (der Steirer stammt aus der Gegend), so berichten Gemeindepolitiker und Jäger, haben Augen auf die Therme geworfen.
Duo mit interessanter Geschichte
Das Duo Wolf/Benko verbindet aber noch mehr, sie haben eine gewisse Nähe zur milliardenschweren Müller-Privatstiftung. Vorstand dieser Stiftung, die der 89-jährige Drogerie-König Müller ebenfalls hier angesiedelt hat, war viele Jahre Walter Schiefer. Eine steirische Wirtschaftsgröße und enger Jagdkumpane von Wolf. Ob diese Beziehung nach wie vor andauert, ist unsicher. Denn mittlerweile ist ein gewisser Arndt Geiwitz im Vorstand der Stiftung. Das ist jener Wunderwuzzi, der zur Sanierung der insolventen Kaufhof/Karstadt-Gruppe gerufen wurde. Die Gruppe wiederum gehört zum Umfeld des Tiroler Immobilien-Maklers Benko, 4000 Leute verlieren dort gerade ihren Job.
Das wild umstrittene steirische Jagdrevier
Die Freude über die Engagements glamouröser Geschäftsleute im beschaulichen Bad Gleichenberg ist jedenfalls nicht überall ausufernd. Vor allem das 1143 Hektar umfassende Jagdrevier Merkendorf bei Bad Gleichenberg, dessen Pächter Siegfried Wolf ist, sorgt für erhitzte Gemüter. „Da kamen dann Reiche und Russen mit ihren Bentleys und Rolls-Royce“, erinnert sich Walter Rauch, ehemaliger Gemeinderat und heute FPÖ-Nationalrat, wie Wolf in Feldbach geboren.
Hintergrund: Siegfried Wolf sitzt auch im Aufsichtsrat von Russian Machines des russischen Oligarchen Oleg Deripaska. „Typisch Großindustrielle. Die wollen uns Bauernbuam rausdrängen. Als kleiner Jäger war ich bestenfalls geduldet“, sagt Rauch, einer der Kritiker von Wolf und dessen Ambitionen in deren beider Heimat.
Dann kamen die Reichen und die Russen mit ihren Bentleys und Rolls-Royces. Die wollten uns Bauernbuam rausdrängen.
Walter Rauch, Politiker und Jäger
Jahrzehntelanger Streit um Jagdrevier
Tatsächlich schwelt seit 20 Jahren ein Streit zwischen dem vermeintlichen Platzhirsch Wolf, der das Revier gern für sich alleine hätte, und einheimischen Jägern, die auf ihr Nutzungsrecht pochen. Ein Schreiben Ende 2019 ließ die Situation eskalieren. Es stammte aus dem Umfeld von Wolf, gerichtet an die Gemeinderäte mit der Drohung einer Schadenersatzklage gegen jene, die für eine Teilung des Jagdgebietes stimmen würden. Walter Rauch als auch Bad Gleichenbergs SPÖ-Vizebürgermeister Werner Jogl sind nach wie vor empört über diese Vorgehensweise. „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen. Herr Wolf glaubt, man müsse ihm huldigen, und er kriegt ohnehin alles.“ Immerhin: Einen Siegfried-Wolf-Platz im Ort hat er schon. Das zu Lebzeiten. Alle Achtung.
Wolfs Revier bis auf Weiteres für alle offen
Die widerborstigen Jäger und Gemeindepolitiker geben sich unbeugsam. Die ÖVP-Bürgermeisterin Christine Siegel und ihr zweiter Vize, ÖVP-Mann Michael Karl, Bruder der ehemaligen Justizministerin Beatrix Karl, die ebenfalls aus Bad Gleichenberg stammt, halten sich dezent zurück. Beatrix Karl ist übrigens auch Vorsitzende in besagter Müller Privatstiftung. Ein durchaus bemerkenswertes Netzwerk, das sich hier auftut. Wolfs Revier bleibt trotzdem bis auf Weiteres auch für andere offen. Der Streit ist noch lange nicht beigelegt.
Benko an Therme Bad Gleichenberg „sehr interessiert“
Die Kurtherme ließe sich leichter erwerben. „Vor allem Benko ist da sehr interessiert“, verraten Einheimische, die nicht genannt werden wollen. Generell herrscht Vorsicht in der Gegend. Der zuständige Beamte auf die Frage der „Krone“, wie viele Personen an der Jagd von Wolf teilnahmen und ob man Namen nennen könne: „Ich bitte um Verständnis, dass ich mich dazu nicht äußern will.“ Corona trifft aber selbst die schillerndsten Jägermeister. Gesellschaftsjagden (also Ansammlungen von vielen Menschen im Wald und auf der Heide) sind verboten, ebenso gilt es, Abstand zu halten. René Benko und Siegfried Wolf gaben sich auf die Fragen der „Krone“ nach Jagd und Therme nichtssagend. Ohne Worte.
Elitäre Reisen ins Naturschutzgebiet
Übrigens: René Benko ist wie Kumpel Wolf Pächter eines Jagdreviers. In Tirol. Er empfängt dort Auserwählte auf einer edlen Jagdhütte im Gleirschtal – dem Vernehmen nach geht es dort hauptsächlich um Geschäftliches. Benko soll versucht haben, das Revier zu kaufen. Schlappe 30 Millionen Quadratmeter (es gab dazu auch eine parlamentarische Anfrage). Der Eigentümer, die Bundesforste, sagte „Nein“. Ebenso wurden Ansuchen des Großinvestors, seine Gäste via Hubschrauber zur Hütte im Naturschutzgebiet einfliegen zu lassen, eine Absage erteilt. Offenbar lässt sich doch nicht alles kaufen.
Erich Vogl, Kronen Zeitung
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