AWS, die Tochter für Cloud-Computing des Online-Riesen Amazon, verändert ihre Geschäftsstrategie: Statt reiner Online-Dienste wird in Zukunft nicht nur zusätzlich Hardware an die Kunden verkauft, sondern auch Software, die diese in ihren eigenen Rechenzentren betreiben können. Mit den Tools können Firmen unter anderem ihre Mitarbeiter überwachen.
So berichtet das IT-Portal „Ars Technica“ von einem Tool namens AWS Panorama, das in Kombination mit vernetzten Überwachungskameras alle Vorgänge am Betriebsgelände überwachen und Verstöße ans Management melden kann. Hält sich ein Arbeiter nicht an Sicherheitsregeln oder hält er - gerade jetzt in der Corona-Pandemie Thema - zu wenig Abstand zu seinen Kollegen, bleibt dies also nicht unbemerkt.
Datenschützer, die erst kürzlich gegen eine Überwachungsfunktion in Microsofts Office 365 Sturm liefen, dürften dieses Angebot mit Skepsis betrachten. Amazon betont, dass Gesichtserkennungs-Tools nicht zum Lieferumfang gehören und man in den Nutzungsbedingungen festhalte, dass Unternehmen damit nicht einzelne Mitarbeiter überwachen dürfen.
AWS nähert sich IBM und Oracle an
Amazon will in den kommenden Monaten weitere Offline-Dienste einführen („ECS Anywhere“ und „EKS Anywhere“), kündigte Amazon-Manager Andy Jassy auf der AWS-Hausmesse re:invent an. Mit den neuen Services lassen sich nun Anwendungen für Cloud und Rechenzentrum gleichzeitig verwalten und betreiben. „AWS wird immer mehr zu einem klassischen IT-Anbieter wie IBM, Oracle oder HP-Enterprise“, fasst Analyst Holger Müller von Constellation die Entwicklung zusammen.
Damit räumt AWS-Chef Jassy auch ein, dass IBM, Google und Microsoft Recht hatten, als sie ihre Entwicklungen frühzeitig auf eine neue „Multicloud“ und „Hybridcloud“-Welt ausgerichtet haben. Hier verteilt ein Kunde seine gesamte IT auf die Dienste vieler Cloudanbieter, statt nur einen zu beauftragen. Jassy war diesen Weg nur zögerlich gegangen. AWS wollte seine Kunden gerne allein haben.
Konkurrenten wuchsen zuletzt schneller
Da aber vor allem IBM mit dem Konzept erfolgreich war, musste AWS handeln. Die Corona-Pandemie hat nicht nur insgesamt die Abwanderung von Unternehmen und Institutionen weltweit in die Cloud beschleunigt, sondern zugleich in die Multi- und Hybridcloud-Welt. In diesen Markt will Jassy jetzt mit Macht vorstoßen.
Auch wenn AWS mit 45 Prozent Marktanteil mit Abstand Cloud-Weltmarktführer ist, waren die Wachstumsraten von zuletzt 29 Prozent auf 11,6 Milliarden Dollar (etwa 9,7 Milliarden Euro) im dritten Quartal eher ernüchternd. Das war, trotz Corona-Boom, das geringste Wachstum seit 2015. Die Verfolger können aufholen, Microsoft, die Nummer zwei, wuchs im selben Quartal um 45 Prozent, wenn auch auf geringerer Basis.
Amazon-Chef Jeff Bezos zählt auf die Gewinne von AWS. Jassy liefert über 50 Prozent des operativen Ergebnisses des Amazon-Konzerns. Er finanziert die ehrgeizigen Wachstumspläne von Bezos.
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