Biodiversitäts-Ampel

Artenvielfalt in Österreich nimmt drastisch ab

Wissenschaft
04.12.2020 11:14

„Die bisherigen Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus“, lautet die Warnung des Österreichischen Biodiversitätsrates am Freitag. Das Expertengremium hat die politischen Pläne gegen das enorm zunehmende Artensterben analysiert und dabei kein gutes Zeugnis ausgestellt - die „Biodiversitätsampel“ zeigt dabei viel Rot und nur wenig Grün. Mit dem zunehmenden Verlust ist auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln gefährdet.

Das aus Wissenschaftlern und Experten aus Bereichen wie Naturschutz oder Landschaftsplanung zusammengesetzte Gremium ortet zwar „einzelne gute Ansätze“ im Kampf gegen das Artensterben, aber auch „große Versäumnisse“. 

Artenvielfalt weiter enorm gefährdet
Insgesamt hat das Expertengremium in insgesamt 18 Punkten analysiert, wie gut die politischen Pläne das Artensterben und den Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten können. Brisant: Vom Steinkauz bis zum Edelweiß - immer mehr heimische Arten drohen für immer auszusterben.

Durch den Verlust natürlicher Lebensräume von Insekten gehen auch wichtige Bestäuber für unsere Nahrungsmittel verloren. (Bild: APA/dpa/Gregor Fischer)
Durch den Verlust natürlicher Lebensräume von Insekten gehen auch wichtige Bestäuber für unsere Nahrungsmittel verloren.

„Die Vielfalt der Arten und Ökosysteme nimmt weltweit und insbesondere auch in Österreich weiterhin drastisch ab, eine Trendumkehr ist noch in weiter Ferne“, so das Forschungsteam.

Das Thema hat höchste politische Priorität“
Zwar gebe es durch die Schaffung eines eigenen Umweltministeriums wieder ein wenig Hoffnung, „die Anstrengungen müssen sich hier aber noch vervielfachen“, erklärt der Ökologe Franz Essl von der Universität Wien. Vorhaben wie eine ökosoziale Steuerreform oder der Biodiversitätsfonds würden zwar in die richtige Richtung weisen, seien aber noch zu wenig ambitioniert. Das Thema habe „höchste politische Priorität“, weshalb der Nationalrat dringend eine „Biodiversitätskrise“ ausrufen müsse, so die Warnung.

(Bild: Ute Nüsken)

Der im Vorjahr mit fünf Millionen Euro dotierte Biodiversitätsfonds sei etwa viel zu gering ausgestattet. Hier wäre mindestens eine Milliarde Euro jährlich nötig, um das Funktionieren der Ökosysteme zu sichern und den Verlust an Biodiversität zu bremsen, „und auch das ist auf Basis einiger Studien sehr knapp bemessen“, so Essl.

Raubbau an der Natur
Besonders bei Themen wie dem Flächenverbrauch oder der Industrialisierung der Landwirtschaft könne derzeit keine Rede von einer Trendumkehr sein. Noch immer würden in Österreich täglich 13 Hektar Fläche versiegelt, „und eine national koordinierte Raumplanung ist nicht in Sicht", mahnt der Zoologe Christian Stummbauer von der Universität Graz. Auch die Auswirkungen von Investitionen und Gesetzen müssten auf die Verträglichkeit mit der Natur überprüft werden - beim „Klima-Check” sei das bereits gelungen.

Die zunehmende Nutzung von natürlichen Flächen für die Landwirtschaft drängt die heimischen Arten immer mehr zurück. (Bild: EPA)
Die zunehmende Nutzung von natürlichen Flächen für die Landwirtschaft drängt die heimischen Arten immer mehr zurück.

Folgen meist unterschätzt
Die Biodiversitätskrise bezeichnet den enormen Verlust von Tier- und Pflanzenarten - mit besorgniserregenden Konsequenzen: Durch den Verlust vieler Insektenarten als Bestäuber ist etwa die Nahrungsmittelproduktion gefährdet und auch der Klimawandel wird durch die Zerstörung natürlicher Lebensräume zusätzlich beschleunigt. Das tatsächliche Ausmaß der drohenden Folgen wird dabei meist deutlich unterschätzt, so die Forscher.

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