Die Austria will den „Worst Case“ zum 110-jährigen Jubiläum der Vereinsgeschichte abwenden. Zwar verweisen die Verantwortlichen dieser Tage vehement auf eine positive Fortbestandsprognose, kritische Stimmen sehen den 24-fachen Fußball-Meister jedoch an der Kippe zur Insolvenz. Verbindlichkeiten von 78 Millionen Euro, ein Minus von 18,8 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr und sportliche Sorgen - die Austria hängt am Ende des Corona-Jahres 2020 schwer in den Seilen.
Markus Kraetschmer versuchte sich nach einem Geschäftsbericht, der die Anhängerschaft eher schockiert zurückließ, in der Beruhigung. Die Liquidität sei nach wie vor vorhanden, betonte der Wirtschafts-Vorstand des Klubs. Man werde vehement dafür arbeiten, mit einem neuen „strategischen Partner“ die Kurve zu kratzen. Gesucht wird auch ein neuer Brustsponsor, nachdem die Wiener bisher noch kein passendes Angebot gefunden haben. 49,9 Prozent der Anteile der Klub-AG will die Austria bekanntlich anbringen. Die Frage bleibt, inwiefern ein Investor im Verein ein Zukunftsprojekt mit Potenzial sieht.
Die Austria führt die Auswirkungen der Corona-Pandemie als Grund für den Einbruch der Einnahmen an. Dies mag in Bereichen wie dem Merchandising oder Ticketeinnahmen stimmen. Die Zahlen zeigen aber auch das Bild eines Klubs, der für den Aufwand deutlich zu wenig Ertrag eingefahren hat. Es ist kein Geheimnis, dass die Austria mit dem im Sommer 2018 abgeschlossenen Stadionausbau viel Geld investiert hat. Kredite wurden aufgenommen, gespart wurde bei den Ausgaben für das sportliche Budget.
Die Abwärtsspirale beim Meister und Champions-League-Teilnehmer von 2013 kam ins Rollen, nachdem es auf dem Platz nicht mehr klappte. Dies hielt auch Kraetschmer im Klub-TV fest. „Der Hauptteil dieses negativen Ergebnisses ist durch Covid bedingt. Man muss aber auch fairerweise sagen, dass wir unabhängig von Covid leider im sportlichen Bereich der Profis Ziele nicht erfüllt haben und wesentliche Einnahmen nicht zustande gekommen sind“, meinte der langjährige Manager der Violetten.
Die Europacup-Teilnahmen wurden 2018 und heuer verpasst. Die ebenfalls für ein ausgeglichenes Budget benötigten Spielertransfers im Millionenbereich gab es nicht. Kraetschmer führt nun Einmaleffekte an, die zum Tragen kamen. Ein internationaler und ein nationaler Sponsor wurden wertberichtigt, was sich mit Verlusten im zweistelligen Millionenbereich niederschlug. Da nicht davon auszugehen ist, dass es sich um Zuwendungen für eine Saison handelt, dürften die betreffenden Sponsoren schon in den vergangenen Saisonen nicht gezahlt haben. Die Austria wird um dieses Geld, das sie schon in der Vergangenheit budgetiert hatte, wohl umfallen.
Stöger sieht auch Unsicherheit im sportlichen Bereich
Peter Stöger kennt die Lage seit Längerem genau. Seine finanziellen Möglichkeiten als Sport-Vorstand sind enden wollend. Transfers können praktisch keine getätigt werden. Es hält sich das Gerücht, wonach der im Sommer zurückgeholte Markus Suttner bei der Admira mehr hätte verdienen können. Fakt ist, dass die Mehrheit der Bundesliga-Klubs auf dem Transfersektor deutlich agiler operieren kann. Bei der Austria sind die Gehaltsgrenzen durch die bestehenden Verträge fixiert. Dies könnte sich im Sommer ändern. 13 Verträge laufen dann aus. Nicht mit jedem wird weiter geplant, andere sollen gehalten werden - auf Stöger wartet mitunter viel Überzeugungsarbeit.
„Es sind Jungs dabei, die wir uns im Konstrukt vorstellen können, die wir uns sichern wollen. Die sagen, solange ich nicht weiß, wie schaut die (künftige, Anm.) Mannschaft aus, was ist die Zielsetzung, nehmen sie sich Zeit“, berichtete Stöger. Er habe Verständnis dafür, jedoch ergebe sich dadurch auch eine Gefahr. „Irgendwann kommt möglicherweise wer anderer um die Ecke und du hast keine Möglichkeiten mehr.“ Demnach dränge die Zeit, diese Entscheidungen müssten „weit entfernt vom Juni schnellstmöglich in der Einschätzung passieren. Was wir erwarten können und was umsetzbar ist“.
Auch vonseiten der Liga drohen Probleme
Dass sich möglichst schon zu Jahresbeginn die Nebel am Verteilerkreis lichten, sollte bei allen Beteuerungen, wonach man sich mit der Investorensuche notfalls bis Mai Zeit lassen könne, ins Auge gefasst werden. Immerhin drohen auch vonseiten der Liga im Frühjahr Probleme. Das Lizenz- und Zulassungsverfahren 2020/21 ist von der Bundesliga aufgrund der Coronakrise ausgesetzt, wird aber im kommenden Jahr für die Saison 2021/22 wieder gültig.
Muss die Austria im schlimmsten Fall den Gang in die Insolvenz antreten, bestünde mit Blick auf eine Ausnahmeregelung ebenfalls Zeitdruck. Sollte ein Sanierungsverfahren ursächlich auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückzuführen sein, muss der betroffene Klub zumindest nicht absteigen. Zwingende Voraussetzung ist, dass ein etwaiger Sanierungsplan von einem Gericht jedoch bis 3. März 2021 rechtskräftig bestätigt sein muss. Andernfalls ist die Lizenz für die Saison 2021/22 zu verweigern. Bleibt noch der Unsicherheitsfaktor Corona. Sollten die Geisterspiele weitergehen, so Kraetschmer, drohe auch in der laufenden Saison ein Millionenverlust. Kraetschmers Vertrag endet wie jener von Stöger ebenfalls mit Saisonende.
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