Erhebliche Differenzen

Brexit-Verhandlungen gehen in die Zielgerade

Ausland
06.12.2020 09:55

Am Montag finden wieder Gespräche zwischen Großbritannien Premier Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen statt. Zuletzt gab es ein zähes Ringen um eine Einigung, die nach wie vor nicht in Sicht ist. Konkret spießt es sich noch um drei große Brocken.

Nach eintägiger Unterbrechung und einem Telefonat auf höchster Ebene setzen die Unterhändler der EU und Großbritanniens die Gespräche über einen Brexit-Handelspakt am Sonntag fort. EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und sein britisches Gegenüber David Frost hatten die Gespräche am Freitag vorerst abgebrochen und ihre Chefs auf den Plan gerufen. Das hatte bereits Hoffnungen geweckt, ein Deal stehe bevor und könnte nun auf höchster Ebene über die Ziellinie gebracht werden - doch daraus wurde nichts.

Verhandlungen gehen in nächste Runde
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson stellten lediglich „erhebliche Differenzen“ fest und reichten den Staffelstab nach ihrem Gespräch am Samstag wieder an die Unterhändler zurück. Unklar blieb, ob deren Spielraum für Zugeständnisse nun größer sein wird. Am Montag wollen von der Leyen und Johnson erneut über den Stand der Dinge sprechen.

Die Verhandlungen sind erneut ein Fall für die Chefetage - von der Leyen sprach erneut von „erheblichen Differenzen". (Bild: AP)
Die Verhandlungen sind erneut ein Fall für die Chefetage - von der Leyen sprach erneut von „erheblichen Differenzen".

Harter Brexit droht
Sollten die Gespräche scheitern, drohen zum Jahreswechsel Zölle und andere Handelshürden zwischen Großbritannien und dem Kontinent. Denn dann läuft die Brexit-Übergangsfrist aus, während der trotz des britischen EU-Austritts am 31. Jänner alles beim Alten geblieben war. Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals rechnet für den Fall eines No Deal mit starken Verwerfungen. Befürchtet wird, dass es zu kilometerweiten Staus im Hinterland des Fährterminals in Dover und der Einfahrt in den Eurotunnel in Folkestone kommt.

Johnson pocht in den Verhandlungen immer wieder auf die Souveränität der Briten. (Bild: AP)
Johnson pocht in den Verhandlungen immer wieder auf die Souveränität der Briten.

Drei harte Brocken
Gestritten wird vor allem noch über drei Themen: gleiche Wettbewerbsbedingungen, Fischerei und die Instrumente zur Ahndung von Verstößen gegen das geplante Abkommen.

Wettbewerbsbedingungen
Bei den Wettbewerbsbedingungen - das Stichwort heißt Level Playing Field - geht es unter anderem um Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards. Großbritannien möchte sich dabei von der EU möglichst wenige Vorgaben machen lassen - für Johnson ist das eine Frage der Souveränität. Die EU will jedoch Wettbewerbsvorteile für britische Firmen durch Regeldumping verhindern, zumal das angestrebte Handelsabkommen britische Waren unverzollt und ohne Mengenbegrenzung auf den EU-Markt lassen würde.

Besonders Frankreich sorgt sich um eine Benachteiligung bei den Fischfangrechten. (Bild: thinkstockphotos.de (Symbolbild))
Besonders Frankreich sorgt sich um eine Benachteiligung bei den Fischfangrechten.

Fischerei
Beim zweiten wichtigen Streitthema Fischerei geht es um die Mengen, die EU-Fischer in britischen Gewässern fangen dürfen. Im Gespräch sind Insidern zufolge Quoten und eine Klausel zur Überprüfung der Regelung nach einer bestimmten Frist (Revisionsklausel).

Vor allem für Frankreich hat das Thema Fischerei hohe politische Bedeutung. Der französische Präsident Emmanuel Macron pochte diese Woche noch einmal auf den Zugang französischer Fischer zu britischen Gewässern. Er werde einem Vertrag nur zustimmen, wenn die langfristigen Interessen seines Landes gewahrt blieben, sagte er. Das wurde als Vetodrohung verstanden.

Ob es noch zu einer fristgerechten Einigung zum Brexit kommt bleibt weiter äußerst ungewiss. (Bild: AP)
Ob es noch zu einer fristgerechten Einigung zum Brexit kommt bleibt weiter äußerst ungewiss.

Gültige Austrittsregeln verletzt
Als großes Hindernis in den Verhandlungen gilt darüber hinaus das geplante britische Binnenmarktgesetz, das Teile des bereits gültigen EU-Austrittsvertrags aushebeln würde. Die britische Regierung hatte angekündigt, die umstrittenen Klauseln am Montag wieder in den Gesetzentwurf einzufügen. Sie waren zuvor vom Oberhaus entfernt worden. Die EU ist empört über den geplanten Vertragsbruch. Am Dienstag soll dann ein weiterer Gesetzentwurf folgen. Auch das sogenannte Finanzgesetz soll dem Austrittsabkommen zuwiderlaufen.

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