Die neuen Spielkonsolen von Microsoft und Sony sind vielerorts vor Weihnachten bereits vergriffen. Wer über die Feiertage dennoch nicht auf die neuesten Games verzichten möchte, für den bietet Google jetzt eine Alternative: Der Internetgigant hat am Montagabend seinen Cloud-Gaming-Service Stadia in Österreich gestartet. krone.at hat das Angebot vorab bereits getestet und gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist Stadia?
Über Jahrzehnte war es üblich, dass, wer Video- oder Computerspiele spielen wollte, über ein entsprechendes Gerät, also etwa einen PC oder eine Konsole, sowie das Spiel selbst verfügen musste. Stadia macht damit Schluss und streamt Spiele stattdessen direkt über die weltweit verteilten Datenzentren von Google auf internetfähige Geräte der Nutzer - dies kann der Fernseher, ein Notebook bzw. Computer oder gar das Smartphone sein.
Was sind die Vorteile von Cloud-Gaming?
Der große Vorteile von Cloud-Gaming liegt in der allgemeinen Verfügbarkeit - Google spricht daher auch von einer „Demokratisierung“ des Zugangs zu Spielen. Spezielle Hardware wird ebenso wenig benötigt wie eine physische Kopie des Spiels. Es bedarf zudem keinerlei langwierigen Downloads oder Updates, zum Starten eines Games. Die Spiele liegen stets in ihrer jeweils aktuellsten Form auf den Servern von Google und sind unabhängig von der Leistungsfähigkeit der eigenen Hardware: Regelmäßiges „Aufrüsten“, wie man es vom PC kennt, um auch die neuesten Spiele in voller Grafikpracht genießen zu können, entfällt.
Was brauche ich für Google Stadia?
Eine Internetverbindung und ein Google-Konto bzw. eine Gmail-Adresse sind im Prinzip die einzigen Voraussetzungen, um nach einer kostenlosen Registrierung auf stadia.com direkt in Googles Chrome-Browser oder der dazugehörigen Stadia-App losspielen zu können. Sogar auf einen Controller kann dabei notfalls verzichtet werden: Wer auf Smartphone oder Tablet zockt, kann von einem virtuellen Touch-Gamepad Gebrauch machen, das zumindest bei Spielen, die kein besonderes Reaktionsvermögen voraussetzen (wie zum Beispiel Shooter) gute Dienste verrichtet.
Kann ich Stadia auch auf meinem Fernseher nutzen?
Ja, allerdings geht dies in diesem Fall nicht ohne zusätzliche Hardware, konkret Googles Chromecast Ultra, der, via HDMI mit dem Fernseher verbunden, das Streaming von Spielen in 4K-Auflösung ermöglicht, sowie Googles speziellen Stadia-Controller. Beides zusammen gibt es in der „Stadia Premiere Edition“ für 99,99 Euro. Wer bereits einen Chromecast Ultra besitzt, kann den Controller einzeln für 69 Euro erwerben.
Brauche ich den Stadia-Controller für das Spielen auf Smartphone & Co?
Nein. Wer Stadia auf anderen Geräten als dem Fernseher nutzen möchte, kann neben dem bereits erwähnten virtuellen Touch-Gamepad unter anderem von Maus und Tastatur (auf PC oder Notebook ab Chrome-Version 77) oder Controllern wie Sonys DualShock4 oder Microsofts Xbox-One-Controller (auf Mobilgeräten ab Android-Version 10.0) Gebrauch machen. Verbinden lassen sich diese via Bluetooth oder USB (siehe Screenshot unten). Eine „vollständige Kompatibilität“ verspricht Google allerdings nur für seine hauseigenen Pixel-Smartphones.
Welche Vorteile bietet der Stadia-Controller?
Auch wenn man Stadia nicht auf einem TV-Gerät verwenden möchte, kann sich die Anschaffung des Stadia-Controller lohnen, bietet er doch neben einer speziellen Taste zum Aufrufen des Google Assistant auch einen Instant-Capture-Button, um bis zu 30 Sekunden lange Spielmitschnitte oder Screenshots anzufertigen und zu teilen. Der Stadia-Controller ist zudem das einzige Gamepad, das den Empfang des Tons von Spielen und Chats sowie Mikrofoneingaben über ein angeschlossenes Headset unterstützt. Wer Controller von Drittanbietern verwendet, muss das Headset direkt an den Computer oder das Mobilgerät anschließen.
Kann ich Stadia auch auf iPhone oder iPad nutzen?
Nein, über die für iOS erhältliche App können derzeit keine Spiele gestreamt werden. Google verspricht allerdings, dies bis „Ende des Jahres“ zu ermöglichen - was allerdings nur noch wenige Wochen sind. Bis dahin können über die iOS-App lediglich Stadia-Accounts auf kompatiblen Geräten verwaltet werden.
Wie schnell muss meine Internetverbindung sein?
Die einzige technische Anforderung, die Stadia wirklich stellt, ist eine stabile und ausreichend schnelle Internetverbindung. Für Games in HD-Auflösung (720p) empfiehlt Google eine Internetverbindung mit mindestens zehn Megabit pro Sekunde, ab 20 Megabit pro Sekunde gibt es Games in Full-HD-Auflösung mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde. Wer Spiele in ultrahochauflösendem 4K mit 5.1-Surround-Sound und HDR-Unterstützung genießen möchte, benötigt mindestens 35 Megabit pro Sekunde - und ein „Stadia Pro“-Abo (siehe weiter unten). Wie schnell die eigene Internetverbindung ist, kann unter stadia.com/speedtest getestet werden.
Worauf sollte ich beim Cloud-Gaming noch achten?
Neben der Geschwindigkeit nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass bei der Nutzung von Google Stadia - wie bei anderen Streaming-Diensten auch - jede Menge Daten anfallen. Bei HD-Games sind es laut Google bis zu 4,5 Gigabyte, bei Full-HD-Games bis zu 12,6 Gigabyte und im 4K-Betrieb gar bis zu 20 Gigabyte - jeweils pro Stunde! Im Zweifel sollte daher vor der Nutzung ein Blick ins Kleingedruckte des Internetanbieters geworfen werden - Stichwort: „Fair Use“-Prinzip. Entscheidend dürfte der Datenverbrauch aber vor allem bei der Verwendung unterwegs sein: Wer über das Mobilfunknetz spielt, benötigt laut Google bis zu 2,7 Gigabyte an mobilen Daten pro Stunde - das monatliche Datenkontingent könnte so schnell aufgebraucht oder gar überschritten werden, was dann mitunter zusätzliche Kosten bedeutet.
Was kostet Stadia?
Die Nutzung von Stadia ist prinzipiell kostenlos, Nutzer zahlen lediglich für die Spiele, die sie über den Stadia-Store kaufen und somit freischalten. Mit Preisen um die 70 Euro für aktuelle Neuerscheinungen wie „Watch Dogs Legions“ oder „Immortals Fenyx Rising“ entspricht das Preisniveau in etwa jenem von Konsolenspielen zu deren Verkaufsstart. Ältere AAA-Spiele wie das 2018 veröffentlichte „Assassin‘s Creed Odyssey“ sind aktuell für PC und Konsole allerdings deutlich günstiger zu haben als für Stadia.
Was ist Stadia Pro?
Mit Stadia Pro bietet Google neben dem kostenlosen Grundzugang auch ein kostenpflichtiges Abo-Modell. Für 9,99 Euro im Monat erhalten Nutzer damit für die Dauer des Abos Zugriff auf eine Auswahl kostenloser Spiele sowie exklusive Rabatte. Die Auswahl umfasst derzeit etwas mehr als 30, vor allem ältere Spiele, darunter beispielsweise „Hitman“ und „Hitman 2“, „Sniper Elite 4“, „Player Unknown‘s Battleground“, „Lara Croft und der Tempel des Osiris“, „SteamWorld“, „Panzer Dragoon: Remake“ oder „Rock of Ages 3: Make & Break“ - die vollständige Liste aller inkludierten Spiele gibt es auf stadia.google.com/games.
Stadia Pro ist zudem die einzige Möglichkeit, Spiele in 4K-Auflösung mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde samt HDR-Unterstützung und 5.1-Surround-Sound erleben zu können. Der erste Monat ist zum Start des Angebots gratis, das Abo ist jederzeit kündbar.
Welche Spiele gibt es im Stadia-Store zu kaufen?
Für seinen Stadia-Store hat Google inzwischen die gängigsten Publisher gewinnen können, mit rund 80 Titeln ist das Angebot im Vergleich etwa zu Steam aktuell allerdings noch stark überschaubar. Bis Jahresende verspricht Google mehr als 120 Titel im Sortiment zu haben.
Zu den derzeit erhältlichen Action-Highlights zählen unter anderem „Assassin‘s Creed Valhalla“, „Watch Dogs Legin“, „Immortals Fenyx Rising“, „Borderlands 3“, „Doom Eternal“, „Metro Exodus“, „Mortal Kombat 11“, „Red Dead Redemption 2“, „Sekiro Shadows Die Twice“, „Final Fantasy XV“ oder die Spiele der (neuen) „Tomb Raider“-Serie. Für Sport- und Rennspiel-Fans stehen unter anderem „F1 2020“, „NBA 2K 2021“, „WWE Battlegrounds“, „Moto GP20“, „PGA Tour 2K21“, „Grid“ oder „The Crew 2“ parat. Party- und Gesellschaftsspiele wie „Just Dance 2021“, „Monopoly“, „UNO“, „PAC-Man Mega Tunnel Battle“ oder „Super Bomberman R Online“ runden das Angebot ab.
Als echtes Zugpferd für Stadia könnte sich allerdings CD Projekts Reds Sci-Fi-Rollenspiel „Cyberpunk 2077“ erweisen, das Google pünktlich zum Start am 10. Dezember über seinen Cloud-Gaming-Service anbieten möchte. Wer das Spiel vor dem 18. Dezember über Stadia kauft, erhält die Stadia Premiere Edition inklusive Chromecast Ultra und Stadia-Controller übrigens kostenlos (solange der Vorrat reicht).
Welche besonderen Features hat Stadia zu bieten?
Aufgrund seiner Streaming-Natur kann Stadia mit einigen Besonderheiten aufwarten, die man so bislang eher von YouTube als von Gaming auf PC oder Konsole kennt. So können Stadia-Gamer etwa in Echtzeit ihren eigenen Bildschirm mit anderen Spielern teilen und umgekehrt, wodurch Koop-Gaming auf ein neues Level gehoben werden soll. Unterstützt wird das Feature aktuell in „Tom Clancy‘s The Divison 2“, „Tom Clancy‘s Ghost Recon Breakpoint“, „The Crew 2“ oder „Orcs Must Die! 3“.
Auch können Stadia-Gamer Zuschauer via YouTube darüber abstimmen lassen, welche Entscheidung sie treffen sollen, was vor allem in Rollenspielen unterhaltsam sein dürfte. Unterstützt wird die „Crowd Choice“ genannte Funktion daher aktuell in „Baldur‘s Gate 3“ und dem Survival-Horror-Game „Dead by Daylight“. Um anderen das Beitreten zum eigenen Spiel zu ermöglichen, genügt es zudem, einen Link zu erstellen und diesen zu teilen. Letztere Funktion befindet sich derzeit allerdings noch in der Beta-Phase und wird aktuell nur von einem einzigen Spiel („Crayta“) unterstützt.
Welche Nachteile bringt das Spielen via Cloud?
Wie bei allen Streaming-Angeboten sind es vor allem die Besitzverhältnisse, die vor der Anmeldung zumindest hinterfragt werden sollten. Denn im Gegensatz zu Downloads oder einer physischen Kopie eines Spiels, die nach dem Kauf tatsächlich in den eigenen Besitz des Käufers übergeht, werden über Stadia erworbene Spiele lediglich lizenziert. „Käufer“ erhalten also streng genommen lediglich ein Nutzungsrecht auf unbestimmte Dauer. Sollten Google oder Drittanbieter sich einmal - beispielsweise aufgrund zu geringer Spielerzahlen - dazu entscheiden, ein bestimmtes Spiel aus dem Sortiment und somit vom Server zu nehmen, gilt für Spieler deshalb wohl: „Außer Spesen nichts gewesen“.
Im Gegensatz zu Netflix oder Spotify gibt es zudem keine Offline-Funktion, mit der sich Inhalte zeitlich limitiert lokal speichern ließen, was vor allem auf Reisen oder für Pendler praktisch wäre. Stattdessen gilt: Ohne Internetverbindung auch kein Stadia. Je nach eigenem Nutzungsverhalten könnte daher beispielsweise Nintendos Switch, die sich sowohl stationär am Fernseher als auch unterwegs nutzen lässt, die bessere Alternative sein.
Wie fällt euer persönliches Fazit zu Stadia aus?
Stadia hält, was es verspricht, und macht selbst grafisch anspruchsvolle Games, die sonst nur auf entsprechend potenten PCs oder Konsolen lauffähig wären, auf nahezu jedem Gerät spielbar. Dank einer von Stadia offiziell attestierten Internetgeschwindigkeit von 93,6 Megabit pro Sekunde im eigenen WLAN konnten wir so unter anderem „Sniper Elite 4“ ruckelfrei auf einem fünf Jahre alten Smartphone (Huawei Mate 8) spielen. Mit rund 12,3 Mbit/s klappte dies selbst noch über die Mobilfunkverbindung, wenn auch nicht mehr ganz so schön und mit sichtbaren grafischen Artefakten, insbesondere bei den aufwändigen „Kill Cam“-Sequenzen. Den größten Spaß machen Games allerdings noch immer auf dem Fernseher, und das am besten möglichst hochauflösend und mit Surround-Sound, was im Fall von Stadia mit einmaligen Anschaffungskosten für die nötige Hardware (Chromecast Ultra plus Controller) sowie laufenden Kosten für das Pro-Abo verbunden ist.
Rechnet man beides zusammen, hat man spätestens nach drei Jahren das ausgegeben, was Xbox Series X und PS5 heute kosten. Die Kosten für Nintendos Switch wären bereits nach zwei Jahren amortisiert - ein in diesem Zeitraum anzunehmender Preisverfall nicht miteinkalkuliert. Alle Konsolen bieten allerdings das deutlich größere und auch günstigere Spieleangebot. Hinzu kommt, dass einmal für diese Konsolen gekaufte Spiele auch tatsächlich dauerhaft in den Besitz ihres Käufers übergehen. Um wirklich konkurrenzfähig zu werden, müsste Stadia daher unserer Meinung nach nicht nur seine Spielebibliothek erweitern, sondern vor allem den zahlenden Pro-Abonennten mehr Vorteile bieten - zum Beispiel eine Offline-Funktionalität, wie sie die Abo-Dienste von Sony und Microsoft sehr wohl bieten.
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