Jahr für Jahr rätseln Mediziner, welcher Grippestamm die Menschen in der Wintersaison heimsuchen wird, um einen hoffentlich passenden Impfstoff herzustellen. Mit einer Mischung aus veränderlichen und den stets gleichen Oberflächenelementen der Influenza-Viren haben in New York forschende Österreicher jetzt einen „chimären Impfstoff“ kreiert. In einer klinischen Phase-I-Studie bewährte er sich gegen verschiedene Stämme.
Alle Influenza-Viren tragen an ihrer Außenseite einen Eiweißstoff namens Hämagglutinin, mit dem sie an den menschlichen Zellen andocken, um eindringen zu können. Die meisten saisonalen Grippeimpfstoffe machen das Immunsystem auf dessen exponierten „Kopf“-Abschnitt aufmerksam, damit es die Viren daran erkennt und zerstört. Doch er ist bei den vielen Stämmen sehr unterschiedlich und wandelt sich ständig.
Ein Team um die österreichischen Virenforscher Florian Krammer, Peter Palese und Raffael Nachbagauer, die an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York werken, entwickelte nun einen Impfstoff, der das Immunsystem gegen den bei allen Stämmen äußerst ähnlichen „Stamm“-Abschnitt von Hämagglutinin scharfmacht.
„Er ist chimär, was bedeutet, dass wir einen Stamm mit verschiedenen Kopfdomänen kombiniert haben“, erklärt Krammer: „Indem man mehrfach impft, aber immer eine andere Kopfdomäne verwendet, kommt es zu einer starken Immunantwort gegen den Stamm“. Bisher hat man den Stamm nicht als Erkennungsziel verwendet, weil er nicht so exponiert wie der Kopf ist und ohne solche Tricks vom Immunsystem kaum beachtet wird.
Der chimäre Impfstoff hat sich in einer klinischen Phase-I-Studie bei 65 Personen zwischen 18 und 39 Jahren als wirksam und sicher erwiesen, berichten die Forscher in einem Fachartikel, der im Fachjournal „Nature Medizine“ erschienen ist. Demnach zeigten die Probanden mindestens 18 Monate lang eine starke Immunantwort gegen Grippeviren. In der nächsten Phase der Entwicklung soll der Impfstoff bei bis zu 59 Jahre alten Menschen getestet werden, so Krammer.
Lebenslanger Schutz nach zwei, drei Impfungen
Mit diesem Impfstoff könnte man nach zwei bis drei Impfungen lebenslänglich vor Influenzaviren geschützt sein, meint er: „Man bräuchte dann also keine jährliche Grippeimpfung mehr.“ Mit dem neuen, universellen Impfstoff, der eine Immunantwort gegen ein breites Spektrum an Influenzaviren auslöst, wäre man wohl auch gegen neu auftretende Influenza-Unterarten (den sogenannten Subtypen) geschützt.
Außerdem könnte man sich die jährlichen Impfaktionen sparen, die immerhin einen großen Aufwand erfordern und viel Geld kosten, erklärten die Forscher. Das würde vor allem ärmeren Ländern zugutekommen, die kaum das Geld und die Logistik haben, um ihrer Bevölkerung jährlich eine Grippeimpfung zukommen zu lassen.
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