Britische Studie:

Reisebeschränkungen zu Pandemie-Beginn wirksam

Wissenschaft
08.12.2020 14:52

Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie sind einer neuen Studie zufolge vor allem dann effektiv, wenn sie gezielt etwa zu Beginn der Virus-Ausbreitung eingesetzt werden. Es sei dagegen unwahrscheinlich, dass solche Maßnahmen wirksam seien, wenn sich das Coronavirus bereits schnell in einem Land ausbreite.

„Daher ist es wichtig, dass die Regierungen Reisebeschränkungen gezielt anwenden. Bevor solche eingeführt werden, sollten man lokale Infektionszahlen, epidemische Wachstumsraten und den Umfang von Reisenden aus Ländern berücksichtigen, die stark vom Virus betroffen sind“, sagte der Leiter der Studie, Mark Jit, Professor an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, im Fachjournal „The Lancet Public Health“. Zu Beginn der Covid-19-Pandemie hatten Staaten weltweit bis Ende April Reisebeschränkungen erlassen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzuschränken.

Touristin am Wiener Fughafen (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Touristin am Wiener Fughafen

Schätzungen und mathematische Modelle
Die Studie ermittelte mithilfe von Schätzungen und mathematischen Modellen, wie sich mögliche Einschleppungen von Corona-Fällen auf nationale Pandemiegeschehen auswirkten. Dazu griffen die Wissenschaftler auf Flugdaten zu Reiseströmen aus dem Jahr 2019 zurück, als keine Beschränkungen galten. Sie verglichen die Zahl der durch Flugreisen zu erwartenden Covid-19-Fälle für zwei Szenarien in den Monaten Mai und September 2020 mit den Infektionen, die sich daraus innerhalb der Länder ergeben hätten.

Die Forscher kamen demnach zu dem Schluss, dass Reisebeschränkungen vor allem zu Pandemie-Beginn effektiv gewesen sein könnten. Hätte es im Mai keine Verringerung der Reisenden-Ströme gegeben, würden der Studie zufolge die eingeschleppten Covid-19-Fälle in 102 von 136 untersuchten Ländern mehr als zehn Prozent der Infektionen ausmachen.

Auf mittelfristige Sicht schwächte sich der Einfluss aber ab: Wären die Beschränkungen erst im September erfolgt, würden eingeschleppte Fälle lediglich bei 56 von 162 Ländern mehr als zehn Prozent der Infektionsfälle ausmachen. Bei der Mehrheit von 106 Ländern machten die importierten Fälle weniger als zehn Prozent der Infektionen aus - in 21 Ländern wären es sogar weniger als ein Prozent.

(Bild: ASSOCIATED PRESS)

„Nicht zielgerichtete Beschränungen nicht gerechtfertigt“
„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass strenge, nicht zielgerichtete Reisebeschränkungen in vielen Ländern wahrscheinlich nicht gerechtfertigt sind (...)“, heißt es in der Studie. Ausnahmen seien aber Länder, die entweder gute internationale Reiseverbindungen haben oder insgesamt eine sehr geringe Inzidenz aufweisen. Zudem könnten Beschränkungen auch in Ländern wirksam sein, die sich an der Grenze zum exponentiellen Wachstum befänden - nicht aber dort, wo sich das Virus bereits rasch ausbreite, hieß es.

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