Kommt der Durchbruch?

Johnson verschärft Ton vor Brexit-Treffen

Ausland
09.12.2020 16:04

Kurz vor einem entscheidenden Brexit-Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel hat der britische Premier Boris Johnson den Ton noch einmal verschärft. Bei der Frage nach fairen Wettbewerbsbedingungen und der Fischerei bestehe die EU derzeit noch auf Standpunkten, die „kein Premierminister dieses Landes akzeptieren sollte“, sagte er am Mittwoch im Parlament in London. Ein guter Deal sei weiterhin möglich, doch sein Land werde so oder so „mächtig florieren“, zeigte sich Johnson überzeugt.

Johnson und von der Leyen wollten am Abend bei einem womöglich letzten Treffen in Brüssel versuchen, die verbliebenen strittigen Punkte zu klären. Das Abendessen sollte nach Angaben der britischen Regierung gegen 20 Uhr beginnen.

Der britische Premier Boris Johnson wird am Abend mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammentreffen, um über offene Brexit-Fragen zu sprechen. (Bild: AFP )
Der britische Premier Boris Johnson wird am Abend mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammentreffen, um über offene Brexit-Fragen zu sprechen.

Übergangsphase läuft mit Jahresende aus
Großbritannien hatte die EU Ende Jänner verlassen. Ein Vertrag müsste bis zum 31. Dezember stehen, denn dann läuft die Brexit-Übergangsphase aus. Trotz monatelanger Verhandlungen gelang bisher kein Durchbruch. Sollten die Gespräche scheitern, drohen zum Jahreswechsel Zölle, lange Grenzstaus und andere Handelshürden. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnete nicht damit, dass es bereits am Mittwochabend zu einer Entscheidung über den Brexit-Handelspakt kommen würde. „Es gibt nach wie vor die Chance eines Abkommens“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch im Bundestag, fügte aber hinzu: „Ich glaube nicht, dass wir morgen schon wissen, ob das gelingt oder nicht. Das kann ich jedenfalls nicht versprechen.“

„Nicht ausgeschlossen, dass es mit großem Knall endet“
Für Johnson ist der Besuch in Brüssel nach etlichen verstrichenen Fristen der perfekte Rahmen für eine mögliche Einigung: Bereits an diesem Donnerstag und Freitag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem letzten Gipfel des Jahres.  Die Publizistin und Historikerin Helene von Bismarck rechnet mit einem furiosen Finale der Gespräche über einen Brexit-Handelspakt. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass es mit einem Knall endet“, sagte sie. „Die Idee des Treffens in letzter Minute, des Dramas war von Johnson immer eingeplant.“ Der Premier gilt als charismatischer Typ, der im persönlichen Gespräch erreichen könnte, woran Bürokraten scheitern. „Johnson ist ein Mann für die große Bühne“, sagte von Bismarck.

Johnson möchte zum EU-Gipfel eingeladen werden
Dem Politikwissenschaftler Anand Menon vom King‘s College in London zufolge hofft Johnson durch die Reise nach Brüssel auf eine Änderung des EU-Mandats. Er wolle vom Gipfel eingeladen werden, um direkt mit den 27 EU-Staats- und Regierungschefs zu verhandeln. Wie auch immer es ausgehe, Johnson werde den Sieg für sich beanspruchen. Im Falle eines Scheiterns werde er der EU die Schuld zuweisen.

Am Mittwoch demonstrierten Brexit-Gegner vor dem Parlament in London. (Bild: AFP )
Am Mittwoch demonstrierten Brexit-Gegner vor dem Parlament in London.
Die Demonstranten sind der Meinung, dass Großbritannien bei der Europäischen Union bleiben soll. (Bild: AP)
Die Demonstranten sind der Meinung, dass Großbritannien bei der Europäischen Union bleiben soll.

Dass der Besuch bei von der Leyen nur Show ist, glaubt auch Expertin von Bismarck nicht. „Johnson hätte einen No-Deal-Brexit in Kauf genommen, er war aber nicht sein Ziel“, sagte sie. 

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