Opposition übte Kritik

Nationalrat beschloss Gesetz gegen Hass im Netz

Digital
10.12.2020 15:29

Das von der Regierung vorgelegte Gesetzespaket gegen Hass im Netz ist am Donnerstag im Nationalrat beschlossen worden. Die FPÖ lehnte das gesamte Paket ab, SPÖ und NEOS nur den Teil zu den Kommunikationsplattformen. Zum einen soll das Gesetz es Opfern erleichtern, gegen Urheber von Hass-Postings vorzugehen. Zum anderen sollen Kommunikationsplattformen durch neue Auflagen angehalten werden, rechtswidrige Inhalte rasch aus dem Netz zu löschen.

Kritik gab es von der Opposition vor allem an jenem Teil, der die Plattformen betrifft. NEOS-Digitalisierungssprecher Douglas Hoyos kritisierte diesen als „durchgehend innovationshemmend“, weil er - bedingt durch eine Umsatzgrenze von 500.000 Euro und 100.000 Nutzer - vor allem „kleine und innovative europäische Unternehmen“ treffe. Auch die Strafhöhe von zehn Millionen Euro sei für kleine Unternehmen „existenzbedrohend“, große wie Facebook würden das „aus der Portokasse“ zahlen. Der strafrechtliche Teil hingegen werde die Zustimmung der NEOS erhalten, so Hoyos.

SPÖ-Kritik an „Upskirting“-Strafrahmen
Ähnlich auch die SPÖ: Justizsprecherin Selma Yildirim begrüßte den justiziellen Teil des Pakets grundsätzlich. Schließlich sei vielfach beobachtbar, dass „irregeleitete Personen“ die Kommunikations-Möglichkeiten nutzten, um Bedrohungen und Anfeindungen bzw. Verschwörungstheorien oder Fake-News zu verbreiten. Derartiges Verhalten dürfe keinen Platz haben, so Yildirim: „Ich bin sehr froh, dass sich das nun ändert.“ Ein Wermutstropfen sei, dass beim sogenannten „Upskirting“ der Strafrahmen von ursprünglich einem Jahr auf sechs Monate reduziert wurde. Das sei kein „Kavaliersdelikt“ und im internationalen Vergleich zu niedrig. Daher brachte die SPÖ auch einen entsprechenden Abänderungsantrag ein. Kritik kam von der SPÖ hingegen am Kommunikationsplattformen-Gesetz. Dieses bedeute eine Privatisierung des Rechts hin zu Großkonzernen, so die netzpolitische Sprecherin der SPÖ, Katharina Kucharowits.

Der SPÖ ist der maximale Strafrahmen für "Upskirting" zu gering. (Bild: stock.adobe.com)
Der SPÖ ist der maximale Strafrahmen für "Upskirting" zu gering.

FPÖ sieht Meinungsfreiheit bedroht
Vehemente Kritik kam von der FPÖ: Verfassungssprecherin Susanne Fürst sieht zum einen die vorhandenen Strafrechtsinstrumentarien für ausreichend. Zum anderen sei der die Plattformen betreffende Teil die Meinungsfreiheit beschränkend. Extrem hohe Bußgelder und der im Gesetz vorgesehene Zeitdruck würde dazu führen, „dass Plattformbetreiber lieber mehr löschen, als eine hohe Strafe zu riskieren“, zeigte sich Fürst überzeugt. Zudem würden angebliche Verstöße künftig nicht von Gerichten sondern von Konzernen geprüft. Auch hätten Begriffe wie „Hass und Desinformationen“ nichts im Strafrecht zu suchen. Diese seien zu diffus. „Menschen haben auch Recht auf Informationsfreiheit. Die Grenze ist beim Strafrecht und bei Drohungen“, so Fürst, die befürchtet, dass Einwanderungskritik, Islamkritik oder allgemein Kritik an der Regierung künftig auch darunter fielen. Das Paket sei eine „Attacke auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung“.

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Wir machen das Internet zu dem Ort, der es sein sollte, frei, offen und für jeden zugänglich.

Justizministerin Alma Zadic

Die beiden zuständigen Ministerinnen, Alma Zadic (Grüne) und Karoline Edtstadler (ÖVP), verteidigten das Paket naturgemäß. Zadic lobte es als „umfassendes Maßnahmenpaket“, das sich einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen widme. Damit schütze man die Meinungsfreiheit und gleichzeitig Menschen vor Übergriffen, so Zadic. Betroffene könnten sich nun „rasch und kostengünstig“ wehren. „Wir machen das Internet zu dem Ort, der es sein sollte, frei, offen und für jeden zugänglich“, so Zadic.

Edtstadler bezeichnete es wiederum als „Meilenstein“. Beim Plattformengesetz gehe Österreich voran und sei „Tempomacher in der europäischen Union“. Es gehe darum, Opfern zu helfen, die strafrechtswidrigen Dingen im Internet ausgesetzt sind. Dass in diesem Zusammenhang von Zensur die Rede sei, finde sie „irritierend“, zumal die Strafrechtstatbestände ganz konkret im Gesetz aufgelistet seien. Auch dass die Plattformen nun einen Zustellbevollmächtigten nennen müssen, hob Edtstadler hervor. Freilich brauche es eine europäische einheitliche Lösung, so Edtstadler. Diese werde aber noch einige Zeit dauern, daher habe man jetzt gehandelt.

Mehr Möglichkeiten gegen Hass-Postings
Konkret enthält das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Etwa werden Unterlassungsklagen gegen Hass-Postings deutlich erleichtert, indem Gerichte künftig einen Unterlassungsauftrag auch ohne mündliche Verhandlung erlassen können, wenn sich die behauptete Rechtsverletzung aus der Klage schlüssig ableiten lässt. Im Strafrecht sind verschiedene Verschärfungen im Bereich der Cyber-Crimes sowie des Bildnisschutzes vorgesehen. So ist nunmehr der Tatbestand des Cyber-Mobbings bereits nach dem ersten Posting erfüllt. Bestraft wird künftig auch, wer gegen eine Einzelperson hetzt, weil sie einer gewissen Religionsgemeinschaft oder Ethnie angehört oder eine Behinderung hat, bisher war nur die Hetze gegen ganze Personengruppen strafbar. Neu geschaffen wird eine Strafbestimmung gegen „unbefugte Bildaufnahmen“ des Intimbereichs.

Plattformen wie Facebook brauchen in Zukunft einen Zustellbevollmächtigten in Österreich. (Bild: dpa/Julian Stratenschulte)
Plattformen wie Facebook brauchen in Zukunft einen Zustellbevollmächtigten in Österreich.

Mit dem Kommunikationsplattformen-Gesetz als zweitem Teil des Pakets werden große Plattformen wie Facebook dazu verpflichtet, ein leicht zugängliches Beschwerdeverfahren anzubieten und gemeldete rechtswidrige Inhalte grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden zu löschen bzw. zu sperren. Auch müssen sie einen Zustellbevollmächtigten nennen. Es gilt für „in- und ausländischen Anbieter von Kommunikationsplattformen“, die mehr als 100.000 Nutzer oder einen Umsatz in Österreich von über 500.000 Euro haben und die gewinnorientiert arbeiten. Gänzlich ausgenommen sind außerdem Handelsplattformen wie „willhaben“, Online-Enzyklopädien wie Wikipedia, Bildungsangebote und Medienunternehmen und Videoplattformen wie Youtube und soziale Medien wie Facebook oder Instagram.

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