11.12.2020 16:46

Wann impft Putin?

„Gesundheitszustand lässt Risiko wohl nicht zu“

Während wir in Österreich versuchen, möglichst sicher durch die Weihnachtszeit zu kommen, wird in anderen Ländern der Welt schon geimpft - zum Beispiel in Großbritannien und in Russland. Wie das bis jetzt klappt, und was Österreich lernen kann, analysieren die britische Politologin Melanie Sully und der Russland-Forscher Alexander Dubowy bei „Moment mal“ im Gespräch mit Damita Pressl.

In Russland herrsche bereits eine De-facto-Impfpflicht, erzählt Dubowy, oder zumindest häufen sich die Berichte in diese Richtung. Offiziell bestehe diese zwar nicht, allerdings werden angeblich Ärzte gekündigt, die sich nicht impfen lassen wollen. „Das ist ein großes Problem für das Gesundheitssystem“, erklärt Dubowy. Denn viele Ärzte, gerade solche mit chronischen Krankheiten, würden sich nicht mit einem unzureichend getesteten Impfstoff impfen lassen wollen. Auch in der restlichen Bevölkerung sei die Skepsis groß: „Die Menschen vertrauen den Behörden schlicht und einfach weniger als in demokratischen Staaten“, sagt Dubowy und gibt zu bedenken: Niemand wisse, wie wirksam der russische Impfstoff „Sputnik V“ tatsächlich sei.

Eine Medizinerin bereitet in Moskau den Impfstoff „Sputnik V“ zur Verabreichung vor. (Bild: AP)
Eine Medizinerin bereitet in Moskau den Impfstoff „Sputnik V“ zur Verabreichung vor.

In Großbritannien „sind die Leute erleichtert und begeistert“
In Großbritannien wollen sich laut Umfragen bis zu drei Viertel der Bevölkerung impfen lassen. Das ist nicht nur eine ganz andere Ausgangssituation als in Russland, sondern auch im Vergleich zu Österreich ein sehr hoher Wert. „Viele Leute sind sehr erleichtert und begeistert“, sagt Sully. „Man darf nicht vergessen, dass das ganze Jahr für viele in Großbritannien ein Drama war.“ Die Lockdowns seien drakonisch gewesen, die Menschen hätten ihre Verwandten manchmal das ganze Jahr nicht umarmt. Ein Restrisiko gebe es bei jeder medizinischen Behandlung, sagt Sully, aber das seien die Briten bereit, in Kauf zu nehmen.

In dieses Krankenhaus in Südlondon wurde die erste Charge des Corona-Impfstoffs nach Großbritannien geliefert. (Bild: AFP)
In dieses Krankenhaus in Südlondon wurde die erste Charge des Corona-Impfstoffs nach Großbritannien geliefert.

Zwei allergische Reaktionen hat es in Großbritannien auf die Impfung gegeben. Die Betroffenen erholen sich aber gut, und Sully erwartet nicht, dass die Skepsis infolgedessen stark steigt. Jedes handelsübliche Medikament habe eine lange Liste an möglichen Nebenwirkungen, gibt sie zu bedenken. Das organisatorische Vorgehen werde aufgrund dessen wohl nicht angepasst. Die Gesundheitsbehörden warten aber, dass Menschen, die zu allergischen Reaktionen neigen, sich vorerst nicht impfen lassen sollten.

Nach der Impfung bekommen die Menschen in Großbritannien diese Karte, auf der steht, wann sie mit welchem Vakzin geimpft worden sind. (Bild: AFP)
Nach der Impfung bekommen die Menschen in Großbritannien diese Karte, auf der steht, wann sie mit welchem Vakzin geimpft worden sind.

In Russland drehen sich inzwischen die Rädchen der Staatspropaganda fleißig. „Das staatliche Narrativ ist einfach: Russland hat die Krise gemeistert und die erste weltweite Impfung entwickelt“, so Dubowy. Die Menschen würden aber natürlich merken, wie schwer gebeutelt das Land ist. Die Tatsache, dass Präsident Wladimir Putin selbst im Rahmen der Propaganda noch nicht medienwirksam geimpft wurde, kommentiert Dubowy trocken: „Anscheinend wird der Impfstoff noch nicht so weit sein. Sonst wäre er einer der Ersten gewesen, die geimpft worden wären. Ich schätze einfach, dass Putins Gesundheitszustand das Risiko nicht zulässt.“

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