Treibhausgasreduktion

Neues EU-Klimaziel: Ambitioniert und teuer erkauft

Ausland
11.12.2020 20:00

Die Staats- und Regierungschefs finden bei einem EU-Gipfel immer ein Thema, das ihr Treffen zu einer Hängepartie macht. Dieses Mal war es das Klima, also das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen um 55 Prozent zu reduzieren. Die gesamte Nacht wurde verhandelt, mehrere Staaten legten sich quer, weil sie mehr Geld forderten. Erst Freitagfrüh gab es grünes Licht.

Einmal mehr waren es die von Kohle- und Schwerindustrie dominierten osteuropäischen Länder, allen voran Polen, die stundenlang eine Einigung blockierten und auf weitere Zugeständnisse drängten. Polens Premier Mateus Morawiecki verlangte günstige Sonderkonditionen beim Emissionshandel. Generell pochten die Staaten auf mehr finanzielle Unterstützung bei der Umstellung ihrer Kohle-lastigen Energiewirtschaft.

Nach zähem Ringen in einem Gipfel-Marathon konnte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Polen und Ungarn davon überzeugen, ihr Veto fallen zu lassen. (Bild: AP/Johanna Geron)
Nach zähem Ringen in einem Gipfel-Marathon konnte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Polen und Ungarn davon überzeugen, ihr Veto fallen zu lassen.

Milliarden zur Überbrückung
Entsprechende Milliardentöpfe sind dafür bereits vorgesehen: etwa der Fonds für einen gerechten Wandel, aber auch der Corona-Aufbaufonds (750 Milliarden Euro), der zu mindestens 30 Prozent zur Umsetzung der Klimaziele genutzt werden soll. Polen hat nun noch einiges herausgeholt: Das Land bekommt ein Veto bei der Entscheidung über den nationalen Beitrag und darf außerdem die Gratiszertifikate im Modernisierungsfonds behalten.

„Es hat sich gelohnt, nicht zu schlafen“
Dennoch zeigten sich alle Staats- und Regierungschefs nach dem Verhandlungsmarathon zufrieden. „Dafür hat es sich gelohnt, eine Nacht nicht zu schlafen“, sagte etwa Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach angesichts des Endes des Budget-Streits und der Klima-Einigung von einem „guten Tag für Europa“.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden. (Bild: AP/Johanna Geron)
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden.

Und Bundeskanzler Sebastian Kurz betonte: „Ich bin froh, dass es uns fünf Jahre nach Abschluss des Pariser Klimaabkommens gelungen ist, eine Einigung auf ein neues Klimaziel zu erreichen. Parallel dazu müssen Maßnahmen gesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhalten.“

Kurz fordert Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhalten. (Bild: AP/Yves Herman)
Kurz fordert Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhalten.

Anstrengungen müssen verdoppelt werden
Ist das neue Bestreben – bis zum Jahr 2030 mindestens 55 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid-Ausstoß als 1990 – überhaupt machbar? Ambitioniert ist es jedenfalls. In den vergangenen 30 Jahren konnten die Treibhausgase in der EU gerade einmal um 24 Prozent gesenkt werden. In zehn Jahren muss nun also mehr als das Doppelte geschafft werden.

Gesetze folgen erst im kommenden Juni
Aber es wäre nicht die EU, wenn es schon einen konkreten Plan für das neu beschlossene Vorhaben geben würde. Die Kommission will erst im Juni 2021 ein Gesetzespaket vorlegen, wie das Ganze umgesetzt wird. Erst dann wird feststehen, was das Klimaziel für die einzelnen Staaten bedeutet.

Umweltschützern geht der Kraftakt für die Einigung nicht weit genug, Klimaaktivisten hatten eine Treibhausgas-Reduktion in der Höhe von 65 Prozent gefordert.

Doris Vettermann, Kronen Zeitung

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