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Frist läuft ab: EU rüstet sich für No-Deal-Brexit
Nach zähen Verhandlungen und kurz vor Ablauf der Frist im Ringen um einen Post-Brexit-Handelspakt zeichnen sich derzeit weder Lösung noch Durchbruch ab. Man habe „jedes einzelne Szenario“ durchgespielt und ein Strategiebuch entwickelt, heißt es aus London. Noch am Sonntag wollten beide Seiten zu einer Entscheidung darüber kommen, ob es zu einem Durchbruch bei den Verhandlungen kommen kann oder ob sie als gescheitert gelten.
So wie die Dinge derzeit stünden, bleibe das Angebot der EU inakzeptabel, heißt es aus Regierungskreisen. Mit dem möglicherweise entscheidenden Gespräch des britischen Premierministers Boris Johnson mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über einen Post-Brexit-Handelspakt wird heute um die Mittagszeit gerechnet.
Merkel: Alles muss versucht werden
Bei den Verhandlungen über einen Post-Brexit-Handelspakt sollte nach den Worten der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel alles versucht werden, um zu einem Ergebnis zu kommen. Jede Möglichkeit, noch zu einem Ergebnis zu kommen, sei willkommen, so Merkel. Es gehe um faire Wettbewerbsbedingungen.
Der Ton wurde zuletzt schärfer, etwa im Streit um die Fischereirechte: London kündigte an, die eigenen Gewässer notfalls mit Schiffen der Royal Navy vor EU-Kuttern schützen zu wollen. Hohe Zölle, kilometerlange Staus und Handelshemmnisse drohen, im Falle eines „No Deals“ wäre auch der Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität maßgeblich geschwächt.
Jedes Abkommen müsse fair sein und die Prinzipien der Souveränität und der Kontrolle über die eigenen Angelegenheiten respektieren. Beide Seiten haben sich bis Sonntag Zeit gegeben, um eine Einigung zu finden. Sollten die Verhandlungen für gescheitert erklärt werden, müssten sie sich auf einen „No Deal“ einstellen.
Fischereigewässer als Streitpunkt
Die Europäische Kommission hatte kürzlich vorgeschlagen, die bisherige Regelung im Fall eines Scheiterns der Gespräche vorerst beizubehalten. Die Ankündigung Londons, die Königliche Marine auf den Plan zu rufen, dürfte eine eindeutige Absage an diesen Vorschlag gewesen sein. Britische Fischereigewässer sollen notfalls mit Schiffen der Royal Navy vor EU-Fischkuttern geschützt werden.
Kampf gegen Kriminalität geschwächt
Im Falle eines No-Deal-Brexit wäre nicht nur der Handel betroffen, sondern auch andere Bereiche, wie der Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität. Der ehemalige Direktor der europäischen Polizeibehörde Europol, Max-Peter Ratzel, zeigte sich besorgt über die stockenden Verhandlungen. „Ich bin als Europäer beunruhigt, weil wir einen Teil unserer Fähigkeiten verlieren“, so der Deutsche zum Nachrichtensender Sky News. Im Falle eines „No Deals“ müsse ein Weg für die weitere Zusammenarbeit auf dem Feld der Polizei und Justiz gefunden werden.
Zölle und Kontrollen könnten zu Mega-Staus führen
Befürchtet wird, dass es nach Ablauf der Brexit-Übergangsphase am Jahresende zu kilometerlangen Staus auf den Straßen kommen könnte. Ein Großteil des Handels mit dem europäischen Kontinent wird über die Fährverbindung ins französische Calais und über den nahen Eurotunnel abgewickelt. Warenkontrollen müssten eingeführt werden. Sollte kein Abkommen zustande kommen, kämen auch noch Zölle und Mengenbeschränkungen hinzu. Die dafür notwendigen Formalitäten und Kontrollen könnten dazu führen, dass sich Lastwagen an den Kontrollpunkten stauen.
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