Zahlreiche Mitarbeiter in 14 verschiedenen Einrichtungen bemühen sich in Vorarlberg, Menschen mit psychischen Problemen zu unterstützen. Die Zahl der Klienten ist seit Pandemiebeginn im Frühjahr nach und nach gestiegen. Zusätzliche Angebote oder Mitarbeiter werden allerdings nicht benötigt.
Psychische Probleme kommen oft zeitversetzt, weiß Thomas Neubauer, Funktionsbereichsleiter Sozialpsychiatrie und Sucht. So glühten die Drähte der Telefonseelsorge erst im Mai besonders heiß, als die Zahl der um Rat Suchenden um 40 Prozent über dem Niveau des Vorjahres lag.
Der Mensch als soziales Wesen braucht Kontakte
Thomas Neubauer, Funktionsbereichsleiter Sozialpsychiatrie und Sucht
Die Themen, die die Vorarlberger in Krisenzeiten beschäftigen, lassen sich in vier Felder unterteilen. Zum einen klagen sie, dass alles, was Spaß macht, verboten ist - vom Stammtisch über Training im Fitnesscenter bis zum Chor. „Der Mensch als soziales Wesen braucht aber Kontakte“, sagt Neubauer. Einsamkeit führt dazu, dass zu viel Zeit zum Nachdenken ist, alte Belastungen hochkommen. Ein weiteres Thema sind Existenzängste. „Hier gibt es die Gruppe derer, die bereits von Arbeitslosigkeit oder den Folgen der Kurzarbeit betroffen ist. Und jene, die unter den Ängsten davor leiden.“ Computersucht und Probleme beim Homeschooling würde vor allem Kinder und Jugendliche betreffen.
Ein nicht ganz neues Problem ist der Umgang mit Alkohol und Drogen. „Angehörigen fällt es in diesen Zeiten eher auf, dass der Partner trinkt oder der Sohn kifft.“ Starpsychiater Reinhard Haller wirbt in Sachen Alkohol um einen kultivierten Umgang. „Es ist verständlich, wenn man ab und zu ein Glas genießt. Ich rede dabei aber nicht von durchgehendem Trinken und Berauschung.“ Spazierengehen und alte Kontakte aufleben lassen, ist aus seiner Sicht ebenso hilfreich, um gut durch die Zeit des Lockdowns zu kommen.
„Es ist verständlich, wenn man ab und zu ein Glas genießt. Ich rede dabei aber nicht von durchgehendem Trinken und Berauschung.“
Psychiater Reinhard Haller
Grundsätzlich sieht Haller in jeder Krise eine Chance. Die Chance, alte Gewohnheiten zu überdenken, Alternativen zu suchen. Oder die Chance, die Persönlichkeit zu stärken. „Die Krise kann beispielsweise auch dazu beitragen, dass unsere Kinder nicht nur Schönwetterkapitäne sind, sondern das Schiff auch bei hohem Seegang und durch Unwetter steuern können.“
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