Der Sprecher des Landesgerichtes Klagenfurt, Christian Liebhauser-Karl, bestätigte am Donnerstag den Erhalt des Geldes. Kulterer habe sein Gelöbnis abgelegt und könne die Justizanstalt verlassen.
Dass Kulterer "heimlich" aus dem Gerichtsgebäude entschwinden konnte, dürfte sein Wunsch gewesen sein. Seitens der Justizanstalt hieß es, wenn ein freizulassender U-Häftling verlange, das Haus so verlassen zu können, dass er den Journalisten entgeht, müsse man ihm dies ermöglichen.
Kaution von 500.000 Euro festgelegt
Am Mittwoch hatte das Oberlandesgericht Graz bekannt gegeben, dass Kulterer gegen Hinterlegung von 500.000 Euro freikommt. Begründet wurde die Entscheidung unter anderem damit, dass Kulterer seinen Wohnsitz in Österreich habe, "außerdem ist er allen Ladungen pünktlich nachgekommen", wie OLG-Sprecher Ulrich Leitner sagte.
Noch am Mittwochabend hatte Anwalt Lanker gemeint, dass sein Mandant wohl nicht so schnell freikommen werde, er müsse "jetzt erst einmal das Geld auftreiben", denn Kulterer werde die Kaution nicht persönlich aufbringen können. Sie werde "eher von Freunden und Bekannten stammen". Eine Enthaftung schon am Folgetag, wie sie etwa Julius Meinl erreichte, der binnen 24 Stunden 100 Millionen Euro Kaution aufstellte, nannte Lanker da noch "illusorisch". Wer für Kulterer die 500.000 Euro hinterlegt hat, ist nicht bekannt.
Böhmdorfer protestierte gegen Kaution
Kulterers zweiter Anwalt, der ehemalige Justizminister Dieter Böhmdorfer, hatte am Mittwoch bei der Anhörung gegen die hohe Kaution Protest eingelegt und gemeint, "dass angesichts des Persönlichkeitsbildes des Dr. Wolfgang Kulterer, der in seinem ganzen Leben nicht zu panikartigen und unbesonnenen Reaktionen geneigt hat, die Fluchtgefahr nicht gegeben ist".
Das Oberlandesgericht hingegen sah die Fluchtgefahr aber weiterhin als gegeben und setzte deswegen die hohe Kaution an. Weggefallen sind hingegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr. Letztere deshalb, weil Kulterer in keinen Funktionen mehr sei. "Nachdem er kein Banker mehr ist, kann er keine neuen Delikte verwirklichen", erklärte OLG-Sprecher Leitner. Verdunkelungsgefahr könne gar nicht mehr angenommen werden, da diese nach zwei Monaten in jedem Fall automatisch wegfällt. Theoretisch hätte das Gericht Kulterer gar keine Kaution anbieten müssen. Verpflichtend ist das nämlich nur bei einem Maximalstrafrahmen von bis zu fünf Jahren Haft, Kulterer drohen aber bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Kulterer will nach Freilassung an die Öffentlichkeit
Böhmdorfer und Lanker bezeichneten die Enthaftung als "Grundvoraussetzungen für ein faires Verfahren angesichts der bevorstehenden Hauptverhandlung". Die Entscheidung des OLG zeige, "dass man bemüht ist, die verfahrene Situation, die durch die problematische U-Haft herbeigeführt wurde, ohne Prestigeverlust für die Justiz zu lösen", erklärten die Anwälte.
Ihr Mandant könne sich nun bald in Freiheit in einer der Waffengleichheit entsprechenden Weise auf das Verfahren vorbereiten. Und: "Er wird seine Verteidigung öffentlich anlegen. Unmittelbar nach seiner Enthaftung wird er in jeder Weise der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen."
Ersten Prozesstag im Zivilverfahren "geschwänzt"
Zum ersten Prozesstag im Zivilverfahren am Nachmittag schickte Kulterer, wie auch die beiden anderen Beklagten, aber lediglich seinen Anwalt. Die Bank, vertreten durch den Anwalt Guido Held, fordert von Kulterer sowie dem ehemaligen Hypo-Österreich-Vorstandschef Gert Xander und dem ehemaligen Prokuristen Albin Ruhdorfer Schadenersatz wegen gewährter Kredite an die Fluglinie Styrian Spirit (2 Mio. Euro) und den Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler (150.000 Euro).
Nach gut einer halben Stunde unterbrach Richter Walter Wutte das Verfahren bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils im bevorstehenden Strafverfahren gegen die drei Beklagten. Darin geht es ebenfalls um die beiden Kreditvergaben. "Ich habe einen Blick in das Büro des Staatsanwaltes geworfen, da sind zwei Wände voll mit Akten in der Causa, das kann ein Einzelrichter unmöglich alles durchackern", meinte Wutte. Aus Gründen der Prozessökonomie werde das Verfahren daher unterbrochen.
In dem Strafverfahren geht es um den Vorwurf der Untreue, ein Termin für den Schöffenprozess steht noch nicht fest. Das Verfahren wird Richter Norbert Jenny leiten, allgemein wird erwartet, dass der Prozess im Jänner beginnen wird. Parallel dazu ermittelt die Staatsanwaltschaft weiterhin wegen einer ganzen Reihe "schwerwiegender Vorwürfe" gegen Kulterer, aber auch gegen zahlreiche andere Personen, unter ihnen Kulterers damaliger Stellvertreter Günter Striedinger, seine Nachfolger als Hypo-Vorstandschef, Siegfried Grigg und Tilo Berlin.
Zahlreiche Untersuchungen am Laufen
Die Hypo musste nach milliardenschweren Kreditverlusten auf dem Balkan Ende 2009 notverstaatlicht werden. Die genauen Umstände der Beinahe-Pleite sind derzeit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen (siehe Infobox).
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