Der umstrittene AMS-Algorithmus zur Ermittlung von Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen steht vor einem Neustart. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Bescheid der Datenschutzbehörde aufgehoben, dem zufolge der Algorithmus vom Arbeitsmarktservice nicht eingesetzt werden darf. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Behörde kann die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts noch vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof anfechten.
Nach mehrmaliger Verschiebung hätte das sogenannte Arbeitsmarkt-Assistenz-System (AMAS) am 1. Jänner 2021 flächendeckend in Österreich einführt werden sollen, im August stoppte die Datenschutzbehörde das Projekt per Bescheid ohne aufschiebende Wirkung. Die Datenschutzbehörde kritisiert in ihrem Bescheid damals unter anderem die fehlenden gesetzlichen Grundlagen für das Projekt. Außerdem hätten Betroffene keine Kontrollen der getroffenen Algorithmus-Entscheidungen verlangen können.
Neustart ab Sommer 2021 denkbar
Das AMS entfernte nach dem negativen Bescheid der Datenschutzbehörde den Algorithmus aus dem IT-System, legte aber Rechtsmittel gegen den Entscheid ein. „Wir freuen uns, dass unsere Rechtsansicht bestätigt wurde“, sagte nun AMS-Vorstand Johannes Kopf. Wenn das Urteil rechtskräftig werde, sei ein Start im zweiten Halbjahr 2021 oder 2022 denkbar. Man müsse noch den Algorithmus adaptieren, so der AMS-Chef. Fraglich ist außerdem, wie man die Daten der Corona-bedingten Arbeitsmarktkrise in den Computer-Algorithmus integrieren kann. Aufgrund der Pandemie wurden heuer sehr viele Menschen unverschuldet arbeitslos.
Software ermittelt Arbeitsmarktchancen
Die Software soll Arbeitslose aufgrund von Profildaten nach Arbeitsmarktchancen in drei Gruppen einteilen: rasch vermittelbare Servicekunden (Klasse A), Betreuungskunden mit mittleren Chancen (Klasse B) sowie Beratungskunden, die schwer vermittelbar sind (Klasse C). Von der Einteilung abhängig sein soll dann, welche AMS-Fördermaßnahmen - etwa Qualifizierungskurse - gewährt werden. Der AMS-Berater soll aber weiterhin die Letztentscheidung über die Arbeitslosenförderung treffen, etwa ob jemand eine teure Facharbeiterausbildung bekommt oder nicht.
Diskriminierungsgefahr
In der Vergangenheit hatte es mehrfach Kritik am Algorithmus gegeben, unter anderem von Volksanwaltschaft, Gleichbehandlungsanwaltschaft und von Datenschützern. Sie befürchten eine Diskriminierung durch die Software, weil einige der Kriterien des Algorithmus - etwa Geschlecht, Herkunft, Wohnort, Alter - vom Individuum nicht beeinflussbar sind. Die FPÖ kritisierte Ende November auch die Kosten des Projekts in Höhe von 620.000 Euro. In den Testbetrieb gestartet war der AMS-Algorithmus in der Zeit der früheren ÖVP-FPÖ-Regierung unter Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).
Einen möglichen Neustart des Arbeitsmarkt-Assistenz-Systems muss aber auch noch der neunköpfige AMS-Verwaltungsrat beschließen. Der Verwaltungsrat wird von den zuständigen Ministerien, der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung beschickt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.