Frauen als Erste dran

Corona-Impfung: Startschuss in Österreich gefallen

Österreich
27.12.2020 09:12

In Österreich, ja, in der ganzen EU ist am Sonntag Medizingeschichte geschrieben worden. Zwar preschten am Samstag bereits DeutschlandUngarn und die Slowakei vor, doch erst am Sonntag begannen die EU-weiten Impfungen gegen das Coronavirus offiziell. Die drei als Erste geimpften Österreicher hatten sich in der Spezialambulanz für Risikopatienten der MedUni Wien freiwillig für die Teilnahme gemeldet. Sie sind zwischen 83 und 93 Jahre alt, haben Vorerkrankungen und erhielten im Beisein von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die erste von zwei Impfdosen.

Den geschichtsträchtigen Auftakt machte die MedUni Wien, wo zunächst drei Frauen und zwei Männer geimpft wurden - darunter der Leiter der Covid-Station am Wiener AKH, Dr. Bernhard Rössler, sowie mit Bernadette Kralik die leitende Pflegerin des Altersheims in Maria Enzersdorf in Niederösterreich. Durchgeführt wurden die Injektionen von Ursula Wiedermann-Schmidt, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie und Vorsitzenden der Impfkommission, im Beisein von Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Nach den ersten fünf Personen, deren Impfung gefilmt und per Livestream übertragen worden war, wurden weitere Freiwillige immunisiert.

Erste Geimpfte will „Kinder, Enkel und Urenkel ohne Bedenken“ wiedersehen
Wiedermann-Schmidt verabreichte die allererste Spritze der Pensionistin Theresia Hofer. „Hat es weh getan?“, erkundigte sich die Ärztin. Die 84-Jährige aus dem Marchfeld, die zuvor gesagt hatte, sie wolle „ohne Bedenken ihre Kinder, Enkel und Urenkel“ wiedersehen, überstand den historischen Moment ebenso stoisch und gefasst wie die folgende Probandin, ebenfalls über 80 Jahre alt. Sie sei sehr froh, „dass ich hier bin“, sagte Frau Hofer.

In den nächsten Tagen könne an der Einstichstelle eine Rötung auftreten, erklärte ihr die Medizinerin und betonte: „Sie können mich jederzeit anrufen.“ Der 93 Jahre alte Senior spürte die Impfung offenbar gar nicht: „War das was?“ „Die Frau Professor macht das sehr sanft“, sagte Szekeres.

„Wobei, so fit wie Sie wirken“ - Kanzler Kurz zur ersten Geimpften
Wiedermann-Schmidt klärte über mögliche Reaktionen - Rötungen und Schwellung an der Einstichstelle - auf. Zehn Minuten mussten die Probanden sich dann in einem Nebenraum ausruhen - dort warteten auch Kurz und Anschober und unterhielten sich mit den Freiwilligen. „Nach zehn Minuten dürfen Sie aufbrechen?“, fragte der Kanzler. „Ein bissl noch“ werde es dauern, fügte Anschober hinzu. „Wobei, so fit wie Sie wirken“, meinte Kurz in Richtung einer 84-Jährigen. „Alles schon fertig", freute sich der Kanzler mit den ersten geimpften Österreichern.

Ein gewisser Schutzeffekt soll laut Hersteller Biontech/Pfizer schon sieben Tage nach der ersten Teilimpfung gegeben sein. Die zweite Teilimpfung erfolgt in drei Wochen.

Die nächste Station wird die Klinik Favoriten zur Mittagszeit sein. Bis auf Kärnten sollen bereits am Sonntag in allen Bundesländern erste Interessierte aus der Gruppe der Risikopatienten und dem Gesundheitsbereich drankommen.

Polizeilicher Begleitschutz für Impfstoff
9750 Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs waren am Samstag in Österreich angekommen. Mehrere Polizeistreifen übernahmen ab der Staatsgrenze den Begleitschutz der heiklen Fracht, die zunächst in ein Auslieferungslager des Pharmagroßhändlers Herba-Chemosan nach Wien gebracht wurde (siehe Video unten). Von dem Zwischenlager aus werden die Impfdosen vom Bundesheer an die Bundesländer verteilt. Aus Kostengründen kommen statt Hubschrauber Heeresfahrzeuge zum Einsatz. Laut Bundeskanzler Kurz können pro Bundesland bis zu 975 Dosen abgerufen werden.

Zeitdruck wegen Virus-Mutation
Bis März werden 900.000 Dosen des Biontech/Pfizer-Vakzins in Österreich erwartet. Angesichts der neu entdeckten, ansteckenderen Coronavirus-Variante aus Großbritannien wächst in der Europäischen Union allerdings der Zeitdruck für die Umsetzung der EU-weiten Impfkampagnen. Einer Studie der Londoner Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin zufolge ist die neue Variante etwa 50 bis 74 Prozent ansteckender. Das könne die Zahl der Krankenhauseinweisungen und die Todesfälle wegen des Coronavirus im kommenden Jahr weiter in die Höhe treiben.

WHO: „Ausweg aus dieser Tragödie wird Zeit brauchen“
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus mahnte die Menschen, in ihren Vorsichtsmaßnahmen gegen das Virus trotz der Impfung nicht nachzulassen. Niemand dürfe die „Opfer“ leichtfertig wieder aufs Spiel setzen, die „im Laufe dieses schrecklichen Jahres“ gebracht wurden, „um Leben zu retten und zu schützen“, sagte er am Freitag. Zwar böten die Impfstoffe einen „Ausweg aus dieser Tragödie“, aber es werde „Zeit brauchen, bis die ganze Welt geimpft ist“.

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