„Moria vor Haustür“
Bosnien: Migranten obdachlos im Schneechaos
Während in den vergangenen Tagen die Appelle an die Bundesregierung immer lauter wurden, unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebrachte Migranten von der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen, herrschen ähnliche Zustände auch unweit der österreichischen Grenze. Im Nodwesten von Bosnien-Herzegowina entstand mittlerweile ein „Moria vor unserer Haustür“, wie die Hilfsorganisation SOS Balkanroute warnt. Nachdem das Auffanglager Lipa nahe der Stadt Bihac aufgelöst wurde bzw. abbrannte, harren nach wie vor Hunderte Migranten in klirrender Kälte und im Schneechaos aus. Auf eine Lösung haben sich die bosnischen Behörden noch nicht einigen können.
Die Zeit drängt aber, denn die tiefen Temperaturen und der starke Schneefall sorgen für lebensgefährliche Zustände für all die Menschen, die nur notdürftig mit Decken und Planen bzw. Essen vom bosnischen Roten Kreuz bzw. anderen Hilfsorganisationen versorgt werden. „Es regnet und ist sehr kalt. Wir können hier nicht schlafen. Hier gibt es nichts“, beklagte ein Mann aus Afghanistan am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Neben SOS Balkanroute versuchen eine Handvoll anderer Hilfsorganisationen seit Tagen, neue Unterkünfte für die gestrandeten Menschen zu finden. Zunächst sah es nach dem Brand des Lagers Lipa so aus, also könnten die Migranten in einer verlassenen Fabrikshalle in Bihac untergebracht werden. Allerdings war der Widerstand der Anrainer zu groß.
Einige der Migranten versuchten auf eigene Faust, irgendwo eine wetterfeste Unterkunft zu finden, andere wiederum kehrten in das abgebrannte Lager zurück und harren seither dort aus. „Wenn uns niemand hilft, werden wir sterben“, meinte ein aus Pakistan geflohener Mann am Samstag gegenüber dem arabischen Nachrichtensender Al Jazeera.
Lipa war schon vor Brand nicht winterfest
Wegen der unmittelbaren Nähe zum EU-Land Kroatien üben Bihac und der Kanton Una-Sana eine große Anziehungskraft auf Flüchtlinge und Migranten aus. Durch Bosnien verläuft ein Ableger der sogenannten Balkanroute, über die Flüchtlinge und Migranten aus der Türkei nach Westeuropa zu gelangen versuchen. Das Lager Lipa diente als vorübergehende Maßnahme zur Bewältigung der Covid-19-Situation im Sommer und war für die winterlichen Verhältnisse völlig ungeeignet.
Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, hatte im Vorfeld vor der Schließung von Lipa gewarnt, dies sei ein „Akt der Grausamkeit, den wir schwer tolerieren können“.
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