Die Corona-Demo am Tag nach der weihnachtlichen Lockdown-Pause hat eine Koalitionskrise in der steirischen Landeshauptstadt ausgelöst. Gerüchten zufolge soll noch heuer, also früher als ursprünglich geplant, gewählt werden. Die ÖVP-FPÖ-Regierung dementiert das.
Endlich ein ganzes Jahr ohne Wahl in der Steiermark! Oder doch nicht? Im Grazer Rathaus hängt der Haussegen schief. Alles begann damit, dass Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) die Polizei kritisierte, weil sie tatenlos zusah, wie am Stefanitag in der Murmetropole um die 1000 Menschen ohne Masken und ohne Mindestabstand gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten.
Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) lobte daraufhin die Polizei demonstrativ für ihr „umsichtiges Verhalten“. Und kritisierte Nagl. Klubobmann Armin Sippel hielt ihm vor, mit der - ebenfalls nicht angemeldeten - „Black-Lives-Matter“-Demo im Sommer kein Problem gehabt zu haben.
Bei Gemeinderatssitzung Corona-Test verweigert
Es wirkt wie eine Retourkutsche. Die FPÖ hatte bei der Gemeinderatssitzung vor Weihnachten einen Corona-Test verweigert. Es gab eine hitzige Diskussion deswegen, bei der auch Nagl mit Kopfschütteln auf die Corona-Schimpftiraden von FP-Hardliner Sippel reagierte.
Schon einmal stand die Rathauskoalition vor dem Aus: Als Eustacchio vor laufender Kamera die rechtsextremen Identitären verteidigte - und Nagl sichtlich fassungslos neben ihm saß. Nach einem „klärenden Gespräch“ musste sich Eustacchio entschuldigen.
Auch jetzt wird wieder über eine vorgezogene Neuwahl spekuliert. ÖVP und FPÖ können gut miteinander regieren, weil sie eine große Schnittmenge haben, bei manchen Themen aber herrscht Explosionsgefahr - da darf man nicht zündeln! Ach was, in der Stadtpolitik sei die Ideologie nicht so wichtig, da würden Sachthemen im Vordergrund stehen, wird von Koalitionsseite beschwichtigt - gewählt werde zum regulären Termin, also Anfang 2022. Und: Es werde im Wahlkampf noch öfter vorkommen, dass man nicht einer Meinung ist. „Wir treten ja nicht als Einheitspartei an.“
Was bleibt Nagl anderes übrig?
Die Grazer FPÖ hat zwei Gesichter: Eustacchio, der gemäßigt auftritt, um die Regierungsarbeit nicht zu gefährden. Und der ehrgeizige Sippel, der Stadtrat werden will - und weiß, dass er dafür jede Stimme braucht, auch die von ganz Rechts.
Nagl hat die Wahl: Entweder er rauft sich mit der FPÖ wieder zusammen. Oder sie gehen im Streit auseinander - dann stellt sich allerdings die Frage, mit wem der Langzeit-Bürgermeister, der wohl auch die nächste Wahl haushoch gewinnen wird, künftig regieren will. Mit den Grünen und den Kommunisten hat es in der Vergangenheit nicht funktioniert - mit den einen hat man angeblich nichts ausmachen können, die anderen haben immer „Njet“ gesagt. Und mit der SPÖ wird sich wahrscheinlich keine Mehrheit ausgehen. Man darf gespannt sein!
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