Gibt Virus viel Zeit

Corona-Mutation: Zweifel an „First Shot“-Strategie

Ausland
02.01.2021 14:14

Die enorme Ausbreitung der Mutation des Coronavirus in Großbritannien bereitet Virologen zunehmend Sorge. So löst sie nicht nur zunehmend bei jungen Menschen schwere Covid-Verläufe aus, sie könnte auch schon bald alle anderen Varianten des Virus in ganz Europa verdrängen, so die Vermutung. Auch die britische Impfstrategie („First Shot“) sorgt für Kritik bei Experten - diese könnte dafür sorgen, dass SARS-CoV-2 gegen die bereits entwickelten Impfstoffe resistent wird.

Die Mutation B.1.1.7 breitet sich zunehmend in Großbritannien aus. Wie das BBC-Radio am Freitag berichtete, mussten zuletzt auch vermehrt mit dem Coronavirus infizierte Kinder in den Krankenhäusern behandelt werden

Dies ist insbesondere besorgniserregend, da Kinder und Jugendliche bislang vorwiegend nur milde Verläufe mit der Erkrankung aufwiesen. Londons Bürgermeister Sadiq Khan kündigte daraufhin an, dass die Volksschulen in der Stadt zumindest bis zum Beginn des neuen Semesters geschlossen bleiben

Die Corona-Mutation hat bereits alle Altersgruppen in Großbritannien erreicht. (Bild: AFP/Paul Faith)
Die Corona-Mutation hat bereits alle Altersgruppen in Großbritannien erreicht.

Eindämmung besonders schwierig
Die Daten würden darauf hinweisen, dass sich die neue Variante in Großbritannien bereits auf alle Altersgruppen ausgebreitet habe, erklärt Deepti Gurdasani von der Queen Mary University of London. Trotz Lockdown gehe die Infektionsrate nicht ausreichend zurück, weshalb es sehr schwierig sein werde, die Ausbreitung ohne sehr strenge Maßnahmen weiter einzudämmen, so ihre Einschätzung.

Verbreitung der Mutation nimmt zu
„Schon in einigen Wochen wird B.1.1.7 auch alle anderen Coronaviren in ganz Europa ersetzen“, meint Isabella Eckerle, deutsche Virologin der Universitätsklinik in Genf. Aus ihrer Sicht müssten Länder nun schnell reagieren, um die Fallzahlen an Neuinfektionen möglichst rasch zu senken, und insbesondere auch die Impfraten deutlich erhöhen. In Dänemark etwa sind bereits rund elf Prozent aller Neuinfektionen seit November von der Mutation betroffen.

Ein Schlüssel aus der Krise sollen die Impfungen gegen das Coronavirus sein - hierzu brauche es den Einsatz wirksamer Impfstoffe und eine hohe Impfrate, so die Experten. (Bild: AP)
Ein Schlüssel aus der Krise sollen die Impfungen gegen das Coronavirus sein - hierzu brauche es den Einsatz wirksamer Impfstoffe und eine hohe Impfrate, so die Experten.

Trotz der rasanten Verbreitung der Corona-Mutation sind sich Experten aber noch nicht sicher, wie gefährlich sie letztlich ist. Erste Studien zeigen, dass B.1.1.7 wohl nicht häufiger zu schweren Erkrankungen führen dürfte als andere Viruslinien. Durch die höhere Ansteckungswahrscheinlichkeit - das Virus kann leichter an Zellen „andocken“ - sei das jedoch kein Grund zur Entwarnung. 

Virus bald resistent gegen Impfung?
Für besonders viel Unverständnis unter den Forschern sorgt aber derzeit die Impfstrategie in Großbritannien - mit einer „First Shot“-Strategie sollen dabei möglichst viele Menschen auf einmal gegen das Virus geimpft werden. Der Zeitraum zwischen erster und zweiter Dosis soll dabei zwölf Wochen betragen.

„Wenn ich ein Szenario für die Auswahl von impfstoffresistenten Coronaviren entwerfen würde, würde ich genau das tun, was Großbritannien tut“, lautet das scharfe Urteil des amerikanischen Virologen Paul Bienasz. Das Virus könnte demnach zu lange Zeit haben, sich an den Impfstoff anzupassen, ehe die zweite Dosis verabreicht wird, die letztlich eine Immunität bewirken soll. Wenn dieser Fall eintritt, würde das den Impfstoff unwirksam machen.

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