Ruf nach Amtsenthebung

Trump könnte noch vor 20. Jänner das Amt verlieren

Ausland
07.01.2021 06:38

Gerade einmal zwei Wochen ist US-Präsident Donald Trump offiziell noch im Amt - doch nach der Erstürmung des Kapitols in Washington durch seine Anhänger und indirekt von ihm dazu angestachelt werden Rufe laut, den Republikaner noch vor dem eigentlichen Ende seiner Amtszeit am 20. Jänner zum Gehen zu zwingen. Theoretisch machbar wäre dies durch zwei Möglichkeiten - mittels eines Amtsenthebungsverfahrens im Kongress, das sogenannte Impeachment, oder durch den 25. Verfassungszusatz.

Experten verweisen auf zwei Möglichkeiten: ein Impeachment, da Trump der Versuch vorgeworfen werden könnte, die Regierung zu stürzen. Auch eine allgemeinere Anklage wie fehlende Verfassungstreue oder Bruch des Amtseids sei denkbar, so der Verfassungsexperte Frank Bowman von der University of Missouri. Die zweite, allerdings unwahrscheinlichere Möglichkeit: Eine Kabinettsmehrheit und Vizepräsident Mike Pence müssten bezeugen, dass Trump nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben.

  • AMTSENTHEBUNGSVERFAHREN IM KONGRESS (IMPEACHMENT)
  • Trump musste sich einem solchen Vorgang bereits im Dezember 2019 stellen, als die Demokraten im Repräsentantenhaus ihn formell des Machtmissbrauchs und Behinderung ihrer Ermittlungen in der Ukraine-Affäre anklagten. Allerdings verhinderten die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Senat im Februar 2020 die Amtsenthebung. Tatsächlich könnte erneut ein „Impeachment“ eingeleitet werden, da nur eine einfache Mehrheit der 435 Stimmen im Repräsentantenhaus notwendig ist. Im Senat müssten dann zwei Drittel der Abgeordneten für die eigentliche Verurteilung stimmen.
  • DER 25. VERFASSUNGSZUSATZ
  • Diese Möglichkeit wurde 1967 in der Folge der Ermordung von Präsident John F. Kennedy geschaffen. Sie existiert eigentlich für Situationen, in denen der Präsident etwa aus Krankheitsgründen sein Amt nicht mehr ausüben kann. Dies müssen der Vizepräsident und die Mehrheit des Kabinetts formell bezeugen. Bowman zufolge ist die Regelung eindeutig für Gebrechen gedacht, eine Anwendung bei Trump sei wenig vorstellbar. Ohnehin dürfte Vizepräsident Pence Vorbehalte gegen diesen Schritt haben.
Die Kongresssitzung zur Zertifizierung des US-Wahlergebnisses musste stundenlang unterbrochen werden. (Bild: AP)
Die Kongresssitzung zur Zertifizierung des US-Wahlergebnisses musste stundenlang unterbrochen werden.

Räumung des Kongressgebäudes erst nach vier Stunden gelungen
Laut US-Medienberichten war der Polizei erst rund vier Stunden nach Beginn des Angriffs die Räumung des Kongressgebäudes von den Randalierern gelungen. Die wegen des Angriffs der Trump-Anhänger abgebrochene Sitzung zur Wahl-Zertifizierung wurde fortgesetzt. „So wie wir uns in dieser Kammer wieder zusammenfinden, wird die Welt erneut Zeugin der Widerstandsfähigkeit und Stärke unserer Demokratie“, sagte Trumps Vizepräsident Mike Pence - kraft Amtes auch Vorsitzender des Senats - bei der Wiedereröffnung der Senatssitzung. „An jene, die heute Chaos und Verwüstung in unser Kapitol gebracht haben: Ihr habt nicht gewonnen. Gewalt siegt nie, Freiheit siegt. Dies ist immer noch das Haus des Volkes.“

Nach dem Sturm auf das Kapitol wächst die Kritik auch in Trumps eigener Partei. Parteisprecher Michael Ahrens schrieb auf Twitter: „Was heute passiert ist, ist inländischer Terrorismus. Unsere Soldaten sind dabei gestorben, die amerikanische Flagge für unsere Freiheit in die Schlacht zu tragen. Diese Flagge im Namen unbegründeter Verschwörungstheorien verwendet zu sehen, ist eine Schande für die Nation, und jeder anständige Amerikaner sollte davon angewidert sein.“

„Den Mob aufgebaut, ihn angestachelt und angesprochen“
Der republikanische Senator Mitt Romney macht Trump verantwortlich für „das, was hier heute passiert ist“: Es sei „Aufruhr, angestiftet vom Präsidenten der Vereinigten Staaten“ gewesen. Romney bezeichnete Trump als selbstsüchtigen Mann mit verletztem Stolz und rief seine Kollegen im Kongress dazu auf, bei der offiziellen Bestätigung des Wahlsiegs des Demokraten Joe Biden keinen Einspruch einzulegen. Die Kongressabgeordnete Liz Cheney - ebenfalls eine parteiinterne Kritikerin Trumps - schrieb auf Twitter, ein „gewalttätiger Mob“ habe versucht, das Kapitol anzugreifen. „Es steht außer Frage, dass der Präsident den Mob aufgebaut hat, dass der Präsident den Mob angestachelt hat, dass der Präsident den Mob angesprochen hat. Er hat die Flamme entzündet.“

„Wir werden den Sieger der Präsidentenwahl 2020 zertifizieren“ 
Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte, die Kammer lasse sich nicht einschüchtern und werde sich nicht der Gesetzlosigkeit beugen. McConnell betonte, man werde die Arbeit, die man begonnen habe, nun zu Ende bringen. „Wir werden den Sieger der Präsidentenwahl 2020 zertifizieren.“ US-Außenminister Mike Pompeo schrieb auf Twitter, er habe in seinem Amt auf vielen Auslandsreisen das Recht auf friedlichen Protest verteidigt, es sei jedoch sowohl im Inland wie im Ausland „unerträglich“, bei Protesten Gewalt auszuüben und die Sicherheit anderer zu riskieren.

Der Sturm auf das Kapitol war der schwerste Angriff auf das symbolträchtige Gebäude, das wie kaum ein anderes für die US-Demokratie steht, seit es 1814 im Krieg gegen das Vereinigte Königreich von der britischen Armee in Brand gesteckt wurde.

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