Alles für Führerschein

Dakar-Boykott-Aufruf: Sie sitzt, während ihr fahrt

Motorsport
07.01.2021 13:35

Es gibt wenige Szenen, die mehr verdeutlichen, wie die Politik den Sport instrumentalisiert und vice versa. Bei einem Rennen, das früher „Paris-Dakar“ hieß und derzeit weder in Paris noch in Dakar, dafür in Saudi-Arabien veranstaltet wird, fuhren die Teilnehmer nur wenige hundert Meter an einem Gefängnis vorbei. Dort hinter den Gittern sitzt eine der größten Kämpferinnen für den Führerschein von Frauen in Saudi-Arabien. Sie heißt Loujain al Hathloul (31). Wegen ihr und ihrer Mitstreiterinnen ruft eine Frauenrechtsorganisation zum Boykott der Rallye Dakar 2021 auf.

Wie in der US-Fachzeitschrift "Car and Driver“ berichtet wird, postete Al-Hathloul seit 2013 Videos, in denen sie ihr Gesicht und Haar nicht bedeckte. Eine der Aufnahmen zeigte sie beim damals für Frauen verbotenen Autofahren. Damit brach sie saudisches Gesetz. Sie fuhr vom Flughafen in Riad nach Hause. 2014 wurde sie verhaftet, weil sie verbotenerweise die Grenze zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien überqueren wollte. Damals sperrte man sie „nur“ 73 Tage ein. Aber die Behörden behielten sie im Auge: Im Mai 2018 wurde sie gemeinsam mit zehn anderen Aktivistinnen wieder verhaftet und in Untersuchungshaft überstellt. 

(Bild: AFP)

Seit Juni 2018 ist es Frauen erlaubt, in Saudi-Arabien Auto zu fahren. Etwa 70.000 Frauen sollen seither im Land einen Führerschein haben. Die Aktivistinnen, mit Al-Hathloul an der Spitze, die dafür schon seit Jahren gekämpft hatten, sitzen immer noch im Gefängnis. Die Menschenrechtsorganisation „Grant Liberty“ will mit dem Boykottaufruf auf ihr Schicksal aufmerksam machen.

(Bild: AFP)

Gefoltert?
Al-Hathloul wurde laut Angaben ihrer engsten Verwandten nach der Festnahme in Einzelhaft gehalten und mit Waterboarding, Schlägen, Peitschenhieben und Elektroschocks gefoltert, zudem sexuell belästigt und mit Vergewaltigung und Mord bedroht. Sie durfte nicht einmal ihre Verwandten sehen, daraufhin trat sie in Hungerstreik. Kürzlich wurde sie zu fünf Jahren und acht Monaten verurteilt, die Hälfte auf Bewährung. Ihr wurde Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. Außerdem wurde sie der Spionage bezichtigt. Sie soll ausländische Agenten kontaktiert haben. In totalitären Systemen gelten Menschenrechtsorganisationen und Journalisten als fremde „Agenten“.

(Bild: AFP)

Ehemann verhaftet, wichtige Auszeichnung
Auch der Ehemann von Al-Hathloul, der saudische Schauspieler, Komiker und Drehbuchautor Fahad al-Butairi wurde auch 2018 verhaftet. Er soll zur Scheidung gezwungen worden sein. Am 5. Februar 2019 beschloss der Gemeinderat der Stadt Mannheim, dass al-Hathloul mit dem Bertha-und-Carl-Benz-Preis 2019 der Stadt Mannheim ausgezeichnet werden sollte, den sie jedoch wegen ihres Gefängnisaufenthaltes nicht entgegennehmen konnte.

Zwölf Frauen bei der Dakar
Von den Dakar-Organisatoren gab es bisher keine Stellungnahme zum Boykottaufruf. Bei der diesjährigen Rallye Dakar fahren zwölf Frauen mit. Man könnte sagen: „Sie sitzt, während ihr fahrt“.

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(Bild: KMM)



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