Trotz Mutation

Kinderärzte für Prävention statt Schulschließungen

Österreich
08.01.2021 11:32

Trotz der Ergebnisse der jüngsten Monitoringstudie zum Infektionsgeschehen an Österreichs Schulen, die ähnlich hohe Infektionszahlen ausweisen wie bei den Erwachsenen, plädieren Kinderärzte weiterhin für Prävention statt Schulschließungen. Als Beleg werden internationale Studien herangezogen, die teils eine deutlich geringere Zahl unerkannter Infektionen bei Kindern nahelegen. Zudem gebe es noch keine ausreichenden Belege dafür, dass die neue Virusmutation Kinder besonders stark befalle, erklärt Volker Strenger von der Grazer Uni-Klinik für Kinder und Jugendheilkunde.

„Weitere Analysen sind notwendig, bevor eine seriöse Aussage über die Bedeutung dieser Virusvariante für bestimmte Altersgruppen getroffen werden kann“, so Strenger weiter. Der Anteil an Kindern und Jugendlichen unter den SARS-CoV-2-Infizierten sei zwar in Großbritannien zuletzt gestiegen, laut Gesundheitsbehörden seien davon allerdings sowohl Infektionen mit der neuen als auch mit der ursprünglichen Virusvariante betroffen.

Die Corona-Mutation hat bereits alle Altersgruppen in Großbritannien erreicht. (Bild: AFP/Paul Faith)
Die Corona-Mutation hat bereits alle Altersgruppen in Großbritannien erreicht.

„Kein statistisch signifikanter Unterschied in neuer Studie“
Es gebe auch - anders als bisher spekuliert wurde - keine Belege dafür, dass Kinder stärker als Erwachsene zum Infektionsgeschehen beitragen: Die Zahl unerkannt Infizierter sei bei Kindern nicht höher als unter Erwachsenen. Die jüngste Gurgeltest-Studie an heimischen Schulen habe keinen statistisch signifikanten Unterschied beim Anteil der Infizierten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gezeigt und große internationale Studien würden teils auch eine deutlich geringere Zahl unerkannter Infektionen bei Kindern nahelegen. Laut einer in der Fachzeitschrift „JAMA-Pediatrics“ veröffentlichten Meta-Analyse von 32 Studien sei das Risiko für Kinder, sich anzustecken, etwa nur halb so groß wie für Erwachsene.

(Bild: AP)

Asymptomatische Personen weniger ansteckend als angenommen?
Laut Strenger stimmt auch weiterhin der Befund, dass Kinder nach einer Infektion mit dem Coronavirus seltener Symptome zeigen als Erwachsene. Das ist insofern relevant, als mehrere aktuelle Studien zeigen würden, dass - entgegen früherer Annahmen - asymptomatische Personen das Virus deutlich seltener weitergeben. Sie sind demnach bis zu 25-fach weniger ansteckend als symptomatisch Erkrankte.

Symptomatische Erkrankungen unter Kindern fallen zumeist mild aus und auch im Fall von Symptomen seien Kinder als Infektionsquelle weniger relevant, so Strenger mit Verweis auf eine große indische Studie mit einer halben Million untersuchter Kontaktpersonen. Laut dieser Untersuchung wurden 92,3 Prozent der infizierten Kontaktpersonen von Erwachsenen angesteckt, aber nur 7,7 Prozent von Kindern.

Tests in einer Schule (Bild: AP)
Tests in einer Schule

Zu Schulschließungen als erfolgreiche Maßnahme merkte Strenger an, dass auch dies nicht seriös zu beantworten sei. Immerhin sei die Umstellung auf Fernunterricht auch international in zeitlichem Zusammenhang mit anderen Maßnahmen passiert. Selbst die Autoren von Modellierungsstudien würden aber infrage stellen, ob die errechneten Effekte von Schulschließungen nicht eher darauf zurückzuführen seien, dass die Eltern zur Kinderbetreuung daheim bleiben müssen.

Hygienemaßnahmen in der Schule „kontrollierter“ als im Privatbereich
Der Experte warnt: „Es wäre jedoch bedenklich, wenn die Bildung einer ganzen Generation leidet, nur um die Kontakte der Elterngeneration zu reduzieren.“ Der Schulbetrieb bietet für Strenger unterdessen den Vorteil, dass dort Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen kontrolliert und eventuell intensiviert werden können, während sich Kinder und vor allem Jugendliche bei zunehmender Pandemie-Müdigkeit stattdessen im privaten Bereich treffen würden - und zwar ohne Einhaltung von Schutzmaßnahmen.

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