Mehr Pleiten

Ruhe vor dem Sturm bei der Schuldenberatung Tirol

09.01.2021 11:00

Fachleute rechnen in Folge der Corona-Krise mit einem deutlichen Anstieg bei Unternehmens- und Privatpleiten. Die Tiroler Beratungsstellen rüsten auf. „Wir erwarten heuer 30 Prozent mehr Anfragen“, sagt Thomas Pachl, Leiter der Schuldenberatung Tirol.

Die Pandemie dürfte mit der Impfung endlich abebben. Doch nun droht eine Welle der anderen Art. Fachleute fürchten einen dramatischen Anstieg bei Firmen- und Privatinsolvenzen. Bei der Schuldenberatung Tirol, die für überschuldete Privatpersonen die wichtigste Anlaufstelle ist, bereitet man sich darauf vor. „Das Land hat bis Ende des Jahres 250.000 Euro extra für unsere Arbeit bereitgestellt. Geld, das wir für zusätzliche Berater brauchen werden“, lässt Thomas Pachl, Leiter der Schuldenberatung Tirol, keinen Zweifel daran, dass seine Mitarbeiter heuer mehr Arbeit bekommen. Und er befürchtet, dass es 2021 für viele Kreditnehmer ein böses Erwachen geben wird.

Bald werden Kredite wieder fällig gestellt
„Ein Gutteil der Kredite wird derzeit wegen der Krise nicht fällig gestellt – aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, begründet der Fachmann seine Bedenken. Die Stundungen laufen vorerst bis Ende Jänner. Und was dann? „Vielleicht bleibt im Februar der große Ansturm noch aus – aber im Laufe des Jahres erwarten wir 30 Prozent mehr Anfragen von überschuldeten Personen“, erklärt Pachl. Das könne zu Staus und Verzögerungen bei Sanierungen führen. „Rechtzeitig bei uns vorstellig werden“, lautet daher Pachls Appell an jene, die bereits ahnen, dass es für sie eng werden wird.

Thomas Pachl, Leiter der Schuldenberatung Tirol

(Bild: Pachl)

Zahl der überschuldeten Tiroler Haushalte steigt
In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der überschuldeten Haushalte in Tirol tendenziell gestiegen. 2018 verbuchte die Schuldenberatung einen Rekord bei Gesamtsanierungen. 2019 waren es 572 Privatkonkurse und 40 außergerichtliche Ausgleiche. Dann kam Corona: Wegen der Kreditstundungen sank die Zahl der Pleiten, wie die Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbands 1870 zeigt. Der KSV registrierte 411 Privatkonkurse in Tirol – ein Minus von 35 Prozent. „Ein trügerisches Bild“, sagt Tirols KSV-Chef Klaus Schaller.

Ein Drittel der Klienten sind Ex-Unternehmer
„Ein Gespräch bei uns kann rasch Klarheit bringen, wie eine Entschuldung gelingen kann“, rührt Pachl die Werbetrommel für das Gratis-Service der Schuldenberatung. Die Klienten kommen aus allen Schichten: Es sind Familienväter, die den Job verloren haben und Kreditkosten nicht mehr stemmen können. Es sind junge Menschen, die beim ersten Auto zu viel wollten – oder, wie Pachl ergänzt: „Ein Drittel der Privatkonkurse betreffen Ex-Selbstständige, die nach der Firmenpleite auch privat finanziell ins Straucheln geraten.“

Claudia Thurner, Kronen Zeitung