Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schwirren derzeit kaum Grippeviren herum. Was zunächst wie eine gute Nachricht klingt, kann auf lange Sicht zum Problem werden: Denn wenn es tatsächlich so gut wie keine Influenza bis zum Saisonende gibt, wird es schwierig, die richtige Impfstoffzusammensetzung auszuwählen, warnt eine Schweizer Virologin.
Grippeviren sind extrem wandelbar und suchen jeden Winter die Menschen in unterschiedlicher Gestalt heim. Wissenschafter sprechen von unterschiedlichen Stämmen, Typen und Untertypen. Impfstoffe gegen die Verwandlungskünstler müssen daher jedes Jahr angepasst werden. Dafür beobachten Virologen weltweit die hauptsächlich zirkulierenden Viren. Auf dieser Grundlage gibt die Weltgesundheitsorganisation WHO alljährlich bereits im Februar für die Nordhalbkugel eine Empfehlung für den Herbst ab, gegen welche Varianten ein Impfstoff produziert werden soll.
Impfen immer noch beste Option
Wenn nun kaum Grippeviren im Umlauf sind, ist es freilich schwierig, den Feind zu erkennen und ein Mittel gegen ihn zu finden. Virologin Silke Sterz von der Universität Zürich ist trotzdem optimistisch: „Die Experten der WHO werden mit ihrer jahrelangen Erfahrung sicherlich eine Impfstoffzusammensetzung wählen, die bestmöglich schützt“, meint sie. Unsicherheiten bezüglich der Schutzwirkung würden sich aber nicht vermeiden lassen. Trotzdem bleibe die Impfung die beste Option, um sich vor einer schweren Influenza-Erkrankung zu schützen.
Große Hoffnung universeller Impfstoff
Einfach abwarten, bis es Klarheit über die tatsächlich zirkulierenden Viren gibt, ist keine Alternative. Denn dann lassen sich die Impfstoffe nicht mehr rechtzeitig produzieren, warnt die Expertin. Als der heilige Gral der Impfstoffforschung gilt daher seit einigen Jahren der universelle Impfstoff, der gegen sehr viele verschiedene Influenzaviren schützt. Kürzlich publizierten Forschende ermutigende Ergebnisse einer Studie, in der sie jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 39 Jahren einen neuartigen Impfstoff verabreichten - das Mittel erwies sich als wirksam und sicher.
Warnung vor schwerer Grippesaison
Bis solche universellen Impfstoffe auf den Markt kommen, braucht es aber noch einige Jahre und weitere Studien. Kurzfristig ist ein wirksamer Grippeimpfstoff für die nächste Saison viel wichtiger. Denn nach einer Infektion kann die körpereigene Immunabwehr auch leicht abgewandelte Viren noch relativ gut bekämpfen. „Nach drei bis fünf Jahren sind die Viren aber wieder so weit verändert, dass man sich erneut infizieren kann, da der Schutz durch Antikörper nicht mehr ausreicht“, erklärte Stertz. Eine niedrige Influenza-Aktivität dieses Jahr könnte demnach in Kombination mit einem weniger wirksamen Impfstoff zu einer schwereren Grippesaison 2022 führen.
Händewaschen zahlt sich immer aus
Doch die Virologin hofft, dass die Corona-Pandemie die Wichtigkeit der Handhygiene und des Abstandhaltens ins Bewusstsein der Menschen gerückt hat: „Das könnte sich in der kommenden Grippesaison auszahlen.“
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