Blitz-Impeachment?

Donald Trump schreibt zum Abschied Geschichte

Ausland
14.01.2021 11:04

Donald Trump ist ein Liebhaber der Superlative. In seiner Sprachwelt sind die Dinge gerne das Beste, Größte, Höchste, Tollste, Erste. Nun hat der US-Republikaner selbst einen historischen Rekord erreicht: Trump ist der erste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der sich einem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen muss. Und diesmal läuft er tatsächlich Gefahr, am Ende auch verurteilt zu werden - einen Schuldspruch gegen einen Präsidenten gab es noch nie. Damit würde Trump erst recht Geschichte schreiben …

Es war am Mittwoch vor einer Woche, als Trump-Unterstützer - angeheizt von einer Rede des Präsidenten - während einer Kongresssitzung das Kapitol überrannten, Scheiben einschlugen, in Sitzungssälen randalierten, Parlamentarier bedrohten und Polizisten angriffen. Fünf Menschen kamen ums Leben. Neben einem selbsternannten „Schamanen“, mit Fell und Hörnern bekleidet, war unter der illustren Runde an Randalierern etwa auch ein Mann mit einem „Camp-Auschwitz“-Shirt zu sehen.

Nur eine Woche später klagt das Repräsentantenhaus Trump offiziell dafür an, dass er den Gewaltakt gegen das Herzstück der amerikanischen Demokratie angezettelt habe. Er muss sich nun wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ in einem Impeachment-Verfahren im Senat verantworten.

Pelosi: „Trump ist eine Gefahr für das Land“
Bei der Sitzung des Repräsentantenhauses zum Impeachment am Mittwoch war das Kapitol nach den Unruhen der Vorwoche nun hermetisch abgeriegelt. Tausende schwer bewaffnete Nationalgardisten sicherten das Gebäude außen und innen. Bei der Debatte im Saal erzählten Abgeordnete, wie sie sich eine Woche zuvor vor den Eindringlingen in Sicherheit bringen mussten, wie sie am Boden kauerten, Angst um ihr Leben hatten. Die Kammervorsitzende, die Demokratin Nancy Pelosi, nennt Trump „eine Gefahr für das Land“.

Nancy Pelosi und die unterschriebene Impeachment-Resolution gegen Donald Trump (Bild: AP)
Nancy Pelosi und die unterschriebene Impeachment-Resolution gegen Donald Trump

Die Demokraten stimmten am Ende geschlossen dafür, Trump des Amtes zu entheben. Aber auch zehn Republikaner stellten sich bei dem Votum offen gegen ihren Parteikollegen. Beim ersten Impeachment-Votum gegen Trump vor gut einem Jahr standen die Republikaner noch klar zu ihm.

Diesmal ist alles anders. Es ist ein Blitz-Impeachment. Nach den brutalen Krawallen am Kapitol stellten die Demokraten innerhalb weniger Tage ein Amtsenthebungsverfahren auf die Beine - ohne Untersuchungen, Anhörungen, Ausschusssitzungen. „Es gibt nicht viel zu untersuchen“, sagt der demokratische Abgeordnete David Cicilline. „Wir waren alle Zeugen davon oder Opfer davon, wir haben alle öffentlich die Aussagen des Präsidenten und seine Tweets gesehen.“

Die Impeachment-Resolution gegen Donald Trump (Bild: AFP/GETTY IMAGES)
Die Impeachment-Resolution gegen Donald Trump

Alles schaut jetzt auf Republikaner im Senat
Nun schaut alles auf die Republikaner im Senat. In der Kammer wird entschieden, ob Trump am Ende des Amtes enthoben wird oder nicht. Der Senat nimmt in einem Impeachment-Verfahren die Rolle eines Gerichts ein. Für eine Verurteilung Trumps wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig - mindestens 67 Senatoren müssten dafür stimmen. Republikaner und Demokraten haben beide jeweils 50 Sitze in der Kammer. Die Demokraten müssten also, selbst wenn sie geschlossen für Trumps Verurteilung stimmen, mindestens 17 Republikaner auf ihre Seite ziehen.

Vier Senatoren, die Trumps Vorgehen scharf kritisiert und zum Teil sogar dessen vorzeitigen Rückzug gefordert haben, gelten bereits als potenzielle Abweichler. Könnten noch 13 weitere mitmachen? Für Aufsehen sorgte ein Bericht der „New York Times“, wonach der oberste Republikaner im Senat, Mitch McConnell, das Impeachment-Verfahren für gerechtfertigt halte und sogar froh darüber sei, weil sich die Republikanische Partei auf diesem Weg von Trump lossagen könne. Würde der mächtige Frontmann den Republikaner intern oder sogar öffentlich seinen Daumen über Trump senken, dürften einige Parteikollegen folgen. Dann könnte Trump tatsächlich eine Verurteilung drohen.

Impeachment überschattet Bidens Amtseinführung 
Fest steht: Das Amtsenthebungsverfahren wird den Start in Bidens Amtszeit überschatten. Der Demokrat braucht den Senat gleich zu Beginn dringend, um seine Regierungsmannschaft zu bestätigen und erste Gesetzesvorhaben zu beraten. Biden selbst brachte zuletzt die Idee ins Spiel, die Kammer könne womöglich jeweils den halben Tag dem Impeachment widmen und die andere Hälfte dem aktuellen Parlamentsgeschäft.

Jenseits dieser logistischen Probleme stellt das Impeachment-Verfahren Biden auch vor die Herausforderung, das scharfe Vorgehen gegen Trump in Einklang zu bringen mit seinen eindringlichen Rufen, das Land brauche Heilung, Ruhe und Einigkeit. Die Demokraten gehen also in mehrfacher Hinsicht erneut ein politisches Risiko ein.

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