Experte prophezeit:

Wer künftig reisen will, braucht Corona-Impfung

Österreich
16.01.2021 06:00

Geschwollene Lippen oder Unfruchtbarkeit nach der Corona-Impfung? Alles Blödsinn, sagt Impfexperte Herwig Kollaritsch im „Krone“-Interview.

Krone: Sie sagen, Covid-Impfungen – derzeit Biontech/Pfizer, Moderna und bald AstraZeneca – sind besser als andere?
Herwig Kollaritsch: Es geht um den Nutzen. Ein Vergleich: Laut Studien muss man nur vier bis fünf Personen impfen, um einen Covid-19-Erkrankungsfall zu verhindern. Um einen Todesfall zu verhindern, müssen 440 Leute geimpft werden, bei alten Menschen 56 Personen. Bei Meningitis B aber muss man beispielsweise 33.000 Menschen impfen, um einen schweren Fall zu verhindern.

Gibt es denn Nebenwirkungen bei den Impfungen?
Die sind bei allen drei Impfstoffen ähnlich: Rötungen an der Einstichstelle, Schwellungen, Müdigkeit und Kopfweh. Der Spuk dauert einen Tag, dann ist er vorbei.

Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca im Vergleich (Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)
Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca im Vergleich

Aber sind die Impfstoffe wirklich sicher?
Ja. Wir sind in der EU begünstigt, wir haben keine Impfstoff-Notzulassung wie andere Länder, sondern eine Vollzulassung. Das heißt, hier gab es noch intensivere Prüfungen.

Und wirken sie auch?
Wir haben bisher keine Probleme geortet, die Impfungen wirken.

Aber bei wem? Was ist mit der Herdenimmunität?
Wir können noch keine kollektive Immunität erreichen. Es zählt der Einzelschutz wie bei FSME. Die Impfstoffe schützen vor einer Erkrankung. Einen ausreichenden Beweis, dass sie die Infektiosität verhindern, haben wir noch nicht. Es fehlen auch noch Studien zu Kindern, weshalb die Impfstoffe für Kinder noch nicht zugelassen sind. So kann bei den unter 16-Jährigen das Virus weiter zirkulieren.

In Dornbirn erhielten Mitarbeiter des medizinischen Personals vergangene Woche eine Corona-Impfung. (Bild: APA/ANGELIKA GRABHER-HOLLENSTEIN)
In Dornbirn erhielten Mitarbeiter des medizinischen Personals vergangene Woche eine Corona-Impfung.

Gibt es zumindest gute Nachrichten für Genesene?
Ja. Nach einer Infektion besteht je nach Verlauf mindestens sechs Monate eine Immunität. Ist der Impfstoff knapp, könnten Impfungen Genesener also verzögert werden.

Gibt es allergische Reaktionen auf die Impfungen?
Bei einer Studie von 1,893 Millionen Impfungen in den USA wurden 175 allergische Reaktionen gemeldet. In 21 Fällen kam es zu einem schweren Anfall, davon hatten 17 Patienten aber schon eine Allergie-Vorgeschichte. Bei normaler allergischer Vorgeschichte kann man impfen, man sollte danach aber zumindest 30 Minuten lang beobachten.

Und wie ist das bei Schwangeren – impfen? 
Es gibt bisher keinerlei Hinweise auf eine negative Auswirkung des Impfstoffs auf ungeborene Kinder. Nach momentanem Wissensstand hat eine Impfung keine Auswirkungen auf das Ungeborene und wäre auch kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch. Die Impfung ist aber in der Schwangerschaft nicht ausdrücklich zugelassen, und es sollten Schwangere nur dann unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung geimpft werden, wenn ihr Ansteckungsrisiko sehr hoch ist. Das sind aber Einzelentscheidungen. Stillen ist kein Hindernis für die Impfung.

Am Freitag startete in Wien das große Impfprogramm gegen das Coronavirus. (Bild: APA/Hans Punz)
Am Freitag startete in Wien das große Impfprogramm gegen das Coronavirus.

Wann werden wir das Virus endlich wieder los?
Wir werden länger damit leben müssen. Ich denke auch, dass es noch mehr Mutationen geben wird. Wir müssen schon die britische und die südafrikanische Mutation sehr gut beobachten. Sie haben das Potenzial, weniger infektiöse Varianten zu verdrängen.

Also nie mehr Urlaub?
Zumindest denke ich, wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass künftig weltweit Impffreiheit beim Reisen herrschen wird.

Wird es eine allgemeine Impfpflicht bei uns geben?
Das ist nicht vorgesehen.

Raten Sie zur Impfung?
Ich kann Folgendes raten: Wenn Sie die Impfung nicht mögen, versuchen Sie’s mit der Erkrankung.

Silvia Schober, Kronen Zeitung

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