Die Stadt Innsbruck spricht sich von jeglicher Verantwortung für das Desaster im ehemaligen Hotel Europa frei. Das Denkmalamt wurde offenbar hintergangen. Ex-Planungsstadtrat Gerhard Fritz (Grüne) erläutert baurechtliche Hintergründe - und warum die Bausperre versagt hat.
Die Stadt stellte noch am selben Tag, als die Bilder des zerstörten Barocksaales im Hotel Europa (wie berichtet) die Runde machten, Nachforschungen an. Ergebnis: Sie selbst treffe am Malheur keine Schuld. „Die Stadt hat dafür keine Zuständigkeit und keine Verantwortung“, so Grün-GR Gerhard Fritz, der lang in der Funktion des Planungsstadtrats tätig war. „Wer die Verantwortung trägt, wird zu klären sein.“
Bausperre wirkungslos
Man bedaure zutiefst die Vernichtung von Kulturgut, „aber wir müssen doch auch die verleumderische Kritik gewisser Oppositionspolitiker an unserem Bürgermeister und an den städtischen Ämtern zurückweisen'“, erklären Fritz und Grün-GR Marcela Duftner. Stadtplanung und Gemeinderat hätten „rechtzeitig“ im November 2020 eine Bausperre verhängt, „diese greift jedoch nicht auf Umbauarbeiten im Gebäudeinneren“.
Kein Bauverfahren
Ein baubehördliches Verfahren habe es nie gegeben. Es wäre für die vorgenommenen „Arbeiten“ auch gar nicht erforderlich gewesen. „Daher konnten die städtischen Behörden und auch die Politik gar keine Kenntnis von Maßnahmen haben und diese auch nicht verhindern“, erklärt Fritz.
Denkmalamt vertröstet
Das Bundesdenkmalamt sei „offenbar bewusst hintergangen“ worden. Seit Ende Oktober hatte dieses auf einen Termin gedrängt, es wurde immer wieder vertröstet – offenbar, weil Zuständigkeiten zwischen alten und neuen Eigentümern ungeklärt waren. Als es kurz vor Weihnachten endlich zu einem Besichtigungstermin kam, war der Schaden angerichtet. Die Unterschutzstellung ist damit wohl hinfällig, denn das Hotel selbst ist offenbar nicht schutzwürdig – und zwar weil es im Zweiten Weltkrieg durch einen Bombentreffer schwer beschädigt worden war.
Politik will genau hinsehen
Pikantes Detail: Mit dem denkmalgeschützten Barocksaal wäre der Verkauf des Hotel Europa an die zwei Tiroler Bauträger offenbar nicht über die Bühne gegangen. Eine Stellungnahme von ihrer Seite war gestern erneut nicht zu bekommen.
Die Politik will jedenfalls genau hinsehen, was ein neues Projekt betrifft: „Wir gehen davon aus, dass die Entwicklung des Objektes einer sehr gründlichen Diskussion bedarf, weil dieser Vandalenakt unsere Stadt erschüttert hat“, sagt Ex-Planungsstadtrat Fritz.
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