Der Aufmarsch von Gegnern der Corona-Maßnahmen hatte am Samstag friedlich begonnen - doch am Nachmittag wurde die Stimmung von Stunde zu Stunde aufgeheizter: Bis zu 10.000 Verharmloser der Pandemie trafen bei mehreren Kundgebungen in der Innenstadt zusammen und zogen dann gemeinsam über den Ring. Dabei trällerten sie unter anderem zu bekannten Schlagermelodien den selbst gedichteten Text „Maskenlos durch die Stadt“ (siehe Video). Eine Sitzblockade durch Gegendemonstranten stoppte sie vorübergehend. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, die beiden Gruppen voneinander fernzuhalten - es kam zu Tumulten. Polizeisprecher Markus Dittrich bestätigte, dass es bis zum frühen Abend fünf Festnahmen gegeben habe, aus Polizeikreisen erfuhr die APA von zwei weiteren.
Die erste Kundgebung hatte zunächst gegen 13 Uhr am Maria-Theresien-Platz stattgefunden. Eine Rednerin wandte sich dort in derben Worten gegen die Pflicht, Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Abstand zu halten: „Schmeißt's den dreckigen Fetzen (gemeint: Maske, Anm.) endlich weg!“, forderte sie die Demonstranten auf. Aufforderungen der Polizei, den Abstand einzuhalten und den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, quittierten die Demonstranten zwischen Kunst- und Naturhistorischem Museum mit Pfiffen und Buh-Rufen.
Kaum Abstand, kaum Masken unter Tausenden Teilnehmern
Gegen 14 Uhr begann dann die Kundgebung am Heldenplatz mit mehreren Tausend Teilnehmern, eine halbe Stunde später vereinigten sich beide Gruppen zu einem Marsch am Ring - die Polizei sprach in einer Bilanz von etwas mehr als 10.000, die Veranstalter von 50.000 Marschierenden. Kaum jemand trug Mund-Nasen-Schutz oder hielt sich an den Mindestabstand. Es wurde getanzt, Manifestanten umarmten einander und begrüßten einander mit Küssen.
Neonazi Küssel reiste mit zwei Bussen voller Gesinnungsgenossen an
Auch aus der rechtsextremen Szene gab es, wie im Vorfeld erwartet, regen Zulauf. Polizeikreise bestätigten, dass der Sprecher der rechtsextremen Identitären, Martin Sellner, auf der Demo war. Die APA erfuhr auch, dass der mehrfach verurteilte Neonazi Gottfried Küssel mit zwei Bussen voller Gesinnungsgenossen aus dem Raum Oberwart und alten Mitstreitern aus Zeiten der verbotenen Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition (VAPO) aus dem Langenloiser Raum angereist war. Es gibt demnach laut Erkenntnissen von Verfassungsschützern starke Hinweise darauf, dass Küssel Kader aus VAPO-Zeiten wieder um sich scharen will. Die VAPO war eine militante neonazistische Gruppe. Küssel war ihr Vorsitzender, die VAPO wurde Mitte der 1990er-Jahre zerschlagen.
Unter die Demonstranten mischte sich auch Heinz-Christian Strache - er trug ebenfalls zumindest zeitweise keine Maske, wie Aufnahmen zeigen. Nach Kritik in sozialen Netzwerken twitterte die Polizei: „Zahlreiche Identitätsfeststellungen wegen Missachtung der Covid-Auflagen sind bereits erfolgt. Die Betroffenen werden natürlich auch angezeigt.“
Sitzblockade durch Gegendemonstranten: „Wir impfen euch alle!“
Beim MAK kam es gegen 15.30 Uhr zu einer etwa halbstündigen Sitzblockade durch Gegendemonstranten und zu Tumulten. Etwa 15 bis 20 schwarz gekleidete Aktivisten hatten sich auf die Fahrbahn gesetzt, aus den Reihen der Anti-Corona-Demonstranten versuchten Fußball-Hooligans, die Sitzenden zu attackieren. Laut Polizeisprecher Dittrich hielten die Einsatzkräfte die Gruppen auseinander. Detail am Rande: Als sich der Demozug näherte, skandierten die Gegenaktivisten: „Wir impfen euch alle!“
Die Demo stand damit aber zunächst still. Polizeikräfte wollten die Blockadeteilnehmer wegbringen und stellten dabei ihre Identitäten fest. Ein Kameramann der APA berichtete, die Hooligans hätten auch Medienvertreter angepöbelt und teils bedroht. Der freie Journalist Michael Bonvalot schrieb auf Twitter, ein Fotograf sei geschlagen und getreten worden, auch er selbst wurde bedroht.
Der Aufmarsch der Anti-Corona-Aktivisten wurde danach fortgesetzt und erreichte gegen 17.30 Uhr wieder den Heldenplatz, wo die Kundgebung nach kurzer Zeit beendet wurde und die Aktivisten zunächst noch auf den Maria-Theresien-Platz weiterzogen. Dort ging die Versammlung mit einigen Reden bis etwa 18.30 Uhr weiter.
Sternmärsche im Vorfeld abgesagt, Gegendemo gegen den „Wahnsinn“
Wie Dittrich am Vormittag erklärte, hätten die Veranstalter die Sternmärsche, die aus mehreren Richtungen zum Heldenplatz führen hätten sollen, abgesagt. Es fanden daher nur die Kundgebungen auf und rund um den Heldenplatz sowie die Gegendemonstration statt, die am Eck Stephansplatz-Graben mit zunächst etwa 150 bis 200 Manifestanten aus dem linken Spektrum von VSStÖ und Sozialistischer Jugend bis zu Antifa-Organisationen startete. Die Demo richte sich gegen den „Wahnsinn, der heute am Heldenplatz stattfindet“, meinte ein Redner.
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