Unter Gewaltandrohung
Nawalny sofort nach Landung in Moskau verhaftet
Regierungskritiker Alexej Nawalny ist am Sonntagabend in Moskau gelandet - und bereits kurz nach seiner Ankunft bei der Passkontrolle am Flughafen Scheremetjewo verhaftet worden (siehe Video oben). Mitgereiste Journalisten berichteten, Polizeikräfte hätten dem Oppositionspolitiker gedroht, würde er sich gegen die Festnahme wehren, würden sie Gewalt anwenden. Zuvor war es am Flughafen Wnukowo, wo Nawalnys Maschine ursprünglich hätte landen sollen, zu Tumulten gekommen. Unterstützer des Oppositionspolitikers hatten sich in der Ankunftshalle eingefunden - ebenso wie ein Polizeiaufgebot in Schutzmontur. Es kam zu einigen Festnahmen.
Nachdem sich Nawalnys Unterstützer am Sonntagnachmittag vor und in der Flughafenhalle eingefunden hatten, hatten Hundertschaften der Anti-Terror-Polizei OMON Stellung bezogen. Vor dem Gebäude waren Gefangenentransporter gesichtet worden, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Nawalny hatte zuvor seine Anhänger aufgerufen, ihn auf dem Flughafen zu treffen. Die Moskauer Staatsanwaltschaft hatte deswegen vor unerlaubten Kundgebungen auf dem Flughafengelände gewarnt und mit Konsequenzen gedroht.
Maschine zuvor umgeleitet
Nawalny selbst landete schließlich gegen 18.20 Uhr am Flughafen Moskau-Scheremetjewo, wohin man die Maschine umgeleitet hatte. Er sagte noch beim Aussteigen aus dem Flugzeug, dass er keine Angst habe. Schon bei der Passkontrolle wurde der Oppositionspolitiker festgenommen.
„Wenn Sie sich weigern, mitzukommen, wird Gewalt angewendet“, sollen die Polizisten zu Nawalny gesagt haben, berichteten mitgereiste Journalisten. Seine Frau Julia, die sich noch mit einer Umarmung von ihrem Mann verabschieden durfte, meinte nach der Festnahme, sie wisse nicht, was ihm vorgeworfen werde.
Der Föderale Strafvollzugsdienst (FSIN) betonte am Sonntagabend, dass Nawalny aufgrund „systematischer und wiederholter Verstöße gegen die Bedingungen seiner Bewährung“ festgenommen wurde. Er stünde seit 29. Dezember auf der Fahndungsliste und solle bis zur Entscheidung des Gerichts in Haft bleiben. Nawalnys Team spricht von einer politischen Inszenierung, um den prominenten Gegner von Präsident Wladimir Putin mundtot zu machen. Der Gerichtsprozess ist am 29. Jänner geplant.
Nawalny-Mitarbeiter im ganzen Land verhaftet
In Russland gab es bereits Stunden vor der Abreise Nawalnys Richtung Moskau Berichte über Festnahmen. In St. Petersburg teilte die Leiterin von Nawalnys dortigem Stab, Irina Fatjanowa, mit, dass sie und zwei weitere Aktivisten aus einem Zug nach Moskau abgeführt und ohne Angabe von Gründen drei Stunden bei der Polizei in Gewahrsam gewesen seien. Andere Aktivisten sagten, sie seien auf dem Flughafen Pulkowo in St. Petersburg festgehalten oder in Fahrzeugen auf der Straße gestoppt worden.
Auch am Moskauer Flughafen Wnukowo wurden Unterstützer Nawalnys festgenommen. Unter den Festgenommenen seien die Juristin Ljubow Sobol, der Jurist Alexej Molokojedow und Nawalnys Assistent Ilja Pachomow, berichtete Iwan Schdanow von Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Unterstützer hatten auf Nawalny gewartet, kurz vor der Landung war die Maschine allerdings umgeleitet worden.
Journalisten wurde Zugang verwehrt
Viele Journalisten hatten zuvor beklagt, dass die Flughafenleitung in Wnukowo den Zugang zum Airport wegen der Corona-Pandemie untersagt und keine Arbeitserlaubnis erteilt habe. Im internationalen Teil des Airports gab es breite Absperrungen. Zahlreiche Aktivisten, Blogger und Journalisten begleiteten Nawalny aber auf dem Flug und berichteten immer wieder live.
Österreich fordert Freilassung Nawalnys
International stieß die Festnahme auf sehr viel Kritik, auch Österreich forderte umgehend die Freilassung Nawalnys. Das Außenministerium in Wien zeigte tief besorgt. „Eine lebendige Zivilgesellschaft und politische Opposition sind Eckpfeiler aller demokratischen Gesellschaften. Österreich fordert seine sofortige Freilassung und eine umfassende und unabhängige Untersuchung des Angriffs auf sein Leben“, betonte das Außenministerium am Sonntagabend in einer Twitter-Meldung.
Nawalny hatte sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok erholt. Das Attentat war am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk verübt worden. Nawalny hatte immer wieder Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Mordanschlag verantwortlich gemacht. Der Kreml-Chef hatte das stets zurückgewiesen. Die Verwendung von Nowitschok als Gift legt freilich den Schluss nahe, dass russische Behörden involviert gewesen sein müssen. Ungeachtet der Gefahr, getötet oder festgenommen zu werden, erklärte Nawalny mehrfach, dass sein Platz in Russland sei und er dort seinen Kampf gegen das „System Putin“ fortsetzen wolle.
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