Kurzer Prozess
Kremlkritiker Nawalny zu 30 Tagen Haft verurteilt
Am 17. Jänner bestieg Kremlgegner Alexej Nawalny in Berlin-Brandenburg ein Flugzeug nach Moskau. Fünf Monate hatte er sich in Deutschland, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte, aufgehalten. Nach seiner Ankunft in Russland wurde er sofort festgenommen. Danach fehlte von dem 44-Jährigen jede Spur, am Montag aber meldete er sich in einer kurzen Videobotschaft. „Ich habe schon viele Verhöhnungen der russischen Justiz gesehen, aber so etwas Illegales wie das hier habe ich noch nie gesehen“, klagte er, auf einer improvisierten Anklagebank in einem Polizeirevier sitzend, diese „Gesetzlosigkeit“ an. Nun wurde Nawalny in einem Eilprozess zu 30 Tagen Haft verurteilt.
Von dem nach seiner Rückkehr nach Moskau sofort inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny fehlte nach Angaben seines Mitarbeiterstabs bis Montagvormittag jede Spur. Vermutet wurde Nawalny in einer Polizeiwache in Chimki im Moskauer Gebiet. Aber es war lange unklar, ob er wirklich dort sei. „Niemand hat ihn dort gesehen“, so Iwan Schdanow, Chef der Anti-Korruptions-Stiftung (FBK). Auch seine Sprecherin Kira Jarmysch und seine Anwältin Olga Michailowa beklagten, den Kremlkritiker nicht sehen zu dürfen.
„Neue Stufe der Gesetzlosigkeit“
Am Montag fand Nawalny sich plötzlich vor einem Gericht in einem Polizeigebäude wieder. Dort machte ihm die russische Justiz einen Eilprozess. In einem Video bei Twitter beklagte Nawalny, dass die Justiz in Russland eine neue Stufe der „Gesetzlosigkeit“ erreicht habe. „Ich habe schon viele Verhöhnungen der russischen Justiz gesehen, aber so etwas Illegales wie das hier habe ich noch nie gesehen“, sagte er.
Verfahren „politische Inszenierung“
Nun wurde er im „Schnellverfahren“ zu 30 Tagen Haft verurteilt. Das entspricht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der 44-Jährige habe gegen Meldeauflagen nach einem früheren Strafprozess verstoßen. Der Oppositionsführer kritisierte das Verfahren als politische Inszenierung mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen. Juristen kritisierten den Eilprozess als beispiellos - selbst für russische Verhältnisse.
„Dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich“
„Ich habe oft gesehen, wie der Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen wird, aber dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich inzwischen so sehr (...), dass nun einfach der Strafprozesskodex zerrissen und auf die Müllhalde geworfen wird“, so Nawalny zuvor aus dem improvisierten Gerichtszimmer. Mit „Opi in seinem Bunker“ meint Nawalny den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Es ist unmöglich, was hier passiert.“
Kritik aus ganz Europa
Vor dem Flughafen Berlin-Brandenburg hatten sich am Sonntag zahlreiche Schaulustige, Menschenrechtler und Unterstützer Nawalnys eingefunden. Sie warfen den Polizeibehörden Gesetzesverstöße vor, weil Nawalny der rechtlich vorgesehene Schutz verwehrt werde. Dem schloss sich der deutsche Außenminister Heiko Maas an. Russland sei durch seine eigene Verfassung und durch internationale Verpflichtungen an das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und an den Schutz der Bürgerrechte gebunden: „Dass er von Behörden sofort nach Ankunft verhaftet wurde, ist völlig unverständlich.“
„Die Welt schaut zu!“
Auch andere Länder und Regierungsoberhäupter fordern Nawalnys Freilassung, so etwa Sanna Marin, Ministerpräsidentin in Finnland, die schwedische Außenministerin Ann Linde oder der dänische Außenminister Jeppe Kofod, der die Festnahme als „inakzeptabel“ bezeichnete und anfügte: „Die Welt schaut zu!“ Zuvor hatten bereits die EU, die USA und auch das österreichische Außenministerium die Freilassung Nawalnys gefordert.
Der Fall Nawalny
Nawalny hatte Deutschland, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte, am Sonntag verlassen. Nach seiner Ankunft in Moskau wurde er festgenommen. Die Justiz hatte ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Der Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin soll während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben. Ihm drohen dreieinhalb Jahre Haft. Nawalny kritisiert das Vorgehen gegen ihn als politisch motiviert.
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