„Krone“-Kommentar

Impf-Egoismus

Österreich
20.01.2021 06:00

Es musste so kommen. Wer Geld, gute Kontakte oder die vermeintlich richtige Position hat, kann sich an den Älteren vorbei zur Impfung schummeln. Da kommen dann die schönsten Ausreden: Vorbildwirkung, Restlimpfen. „Ich bin wichtig“ trifft auf „Sonst landet es ja im Restmüll“.

Um eines klarzustellen: Der Eberschwanger (Vize-)Bürgermeister mit der politischen Bedeutung einer Ortstafel hat keine Vorbildwirkung. Das Motiv ist Egoismus. Und am Ende ist es Diebstahl. Die Dosis gehört in den Arm einer 90-Jährigen und nicht in den eines Politikers, dessen einzige Vorerkrankung chronischer Narzissmus ist. 

Auch der Feldkircher Bürgermeister war zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um in die Injektionsnadel zu fallen, während vor der Tür die Betagten warteten. Dazu kommen Wiener Pflegedirektoren, die am liebsten Söhne, Taufpaten und Cousins dritten Grades zur Jaukerl-Party einladen würden.

Mit einem Blick auf Österreich ist man überrascht, wie viele Dosen in Altenheimen übrigbleiben. Braucht es eigentlich lange, einem 95-Jährigen die Impfung auszureden?

„Haben S’ das aus Norwegen schon gehört? Da sterben die Alten nach der Spritze wie die Fliegen. Schrecklich! Wollen S’ jetzt Ihre Impfung oder lieber einen Kräutertee?“

Im Jahr 2021 muss es möglich sein, Organisationsstrukturen zu schaffen, um übrig gebliebene Dosen Risikogruppen zu verabreichen und nicht dem Schwager des Nachbarn der Heimleitung, der ja auch nicht so gesund ist, weil er oft Schnupfen hat. Oder den Reichen.

Kontrollen durch Amtsärzte sind der erste Schritt. Das Problem dahinter bleibt aber: Wir haben zu wenig Impfstoff!

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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