Kein Verständnis für Impf-Vorschummler hat Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er selbst will auf das Vakzin von AstraZeneca warten. Reisefreiheit im Sommer werde es wohl mit Impfung oder Test geben, so der Kanzler im „Krone“-Interview.
„Krone“: Politiker, darunter Ihr Parteikollege und Feldkircher Bürgermeister, kamen in Kritik, weil sie sich „übriggebliebene“ Impfstoffe gesichert und damit die Impfreihenfolge verändert haben. Haben Sie für das Verhalten Verständnis?
Sebastian Kurz: Nein. Wenn sich jemand vordrängt, ist das moralisch enttäuschend. Es macht mich wütend und zornig. Wenn Impfstoffe übrigbleiben, ist es wichtig, sie schnell zu verimpfen. Aber sie müssen für ältere Menschen verwendet werden und nicht für Politiker, deren Ehefrauen oder regionale Promis.
Wie kann man solche Fälle in Zukunft verhindern?
Ich vertraue darauf, dass jeder Arzt, der die Impfung durchführt, aber vor allem jeder Verantwortliche für die Organisation vor Ort das Gemeinwohl im Blick hat und nicht den eigenen Vorteil. Das Gesundheitsministerium wird aber künftig bei der Verimpfung verstärkt die Dokumentation einfordern, und im Fall des Missbrauchs jene zur Rechenschaft ziehen, die sich nicht an den Impfplan halten.
Wann werden Sie selbst sich impfen lassen?
Ich bin mit 34 noch nicht an der Reihe und werde warten. Ältere Menschen und Risikogruppen brauchen den Impfstoff am dringendsten und haben Vorrang.
Beim Impfstoff von AstraZeneca herrscht Skepsis, eine teilweise Zulassung nur für bestimmte Altersgruppen wird diskutiert. Würden Sie sich mit ihm impfen lassen?
AstraZeneca ist sicher und erfüllt alle wissenschaftlichen Standards. Viele tun so, als wäre Biontech/Pfizer der Mercedes und AstraZeneca der Škoda unter den Impfstoffen. Ich werde mich bewusst mit AstraZeneca impfen lassen, um diesem Mythos gegenzuwirken und das Vertrauen in die Impfung zu steigern.
Sie haben sich unlängst mit Dänemark und Griechenland an die Europäische Arzneimittelbehörde gewandt und auf eine schnellere Zulassung für AstraZeneca gepocht. Groß ist diese Allianz nicht ...
Ich gehe davon aus, dass die Masse der Regierungschefs das ähnlich sieht und es auch beim EU-Gipfel am Donnerstag angesprochen wird. Die EMA hat seit 12. Jänner alle Unterlagen von AstraZeneca: Ich erwarte mir, dass sie Tag und Nacht an der Zulassung arbeitet. Großbritannien impft bereits mit AstraZeneca. Ich hoffe nicht, dass die Bürokratie im Weg steht, da der Impfstoff alle wissenschaftlichen Standards erfüllt.
Warum hat der Impfstoff einen so hohen Stellenwert in Ihrer Strategie?
Wir bekommen von AstraZeneca zunächst zwei Millionen Dosen, also genug, um eine Million Menschen im ersten Quartal 2021 zu impfen. Das ist mehr als von den Herstellern Biontech/Pfizer und Moderna zusammen.
Stichwort Biontech/Pfizer: Da gibt es aufgrund eines Werksumbaus Lieferverzögerungen. Impfkoordinatoren in den Bundesländern verschieben Erstimpfungen. Wird Ihr Ziel, bis Mai die vulnerable Gruppe zu impfen, halten?
Wir gehen davon aus, dass die Verzögerungen im Februar wieder aufgeholt sind. Gibt es keine weiteren Zulassungen, können wir bis Mai die Über-65-Jährigen impfen. Wenn andere Impfstoffe auch zugelassen werden, erreichen wir dieses Ziel früher. Im Falle von AstraZeneca schon Ende März, Anfang April.
Falls die Organisation klappt. Der Start der Impfungen verlief ja eher holprig ...
Wir hatten zu Beginn einen Impfstau aufgrund der Bürokratie. Den konnten wir durchbrechen, jetzt werden bis zu 10.000 Menschen pro Tag geimpft. Mehr geht nicht, weil wir derzeit nur rund 60.000 Dosen pro Woche erhalten.
Wenn AstraZeneca zugelassen wird, sind dreimal so viele geplant. Sind die Bundesländer darauf vorbereitet?
Sie bereiten sich auf diesen erfreulichen Tag vor, bauen Anmeldeplattformen und Impfstraßen auf. Einige sind schon perfekt vorbereitet, bei den anderen wird gerade unter Hochdruck gearbeitet. Die Länder werden das gut abwickeln.
Beim EU-Gipfel am Donnerstag wird über einen europäischen Impfpass und damit verbundene Privilegien beraten. Soll man künftig nur mit Impfung reisen dürfen?
Je besser wir gegenseitige Einschleppungen durch Reisen verhindern, desto erfolgreicher sind wir im Kampf gegen die Pandemie. Tests oder Impfung machen Reisen sicherer und dadurch leichter möglich.
Teresa Spari, Kronen Zeitung
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