Die Weihnachtsgeschenke für die Urenkel haben sie bei der Haustür übergeben, Freunde in den Seniorenclubs seit Monaten nicht gesehen und hoffnungsvoll warten sie auf die Impfung - in der „Krone“ sprechen Wiener Pensionisten über ihre Isolation und ihr Leben ohne Familie. Zu den geimpften Drängel-Bürgermeistern haben sie eine klare Meinung: „Das darf nicht sein!“ Und alle fragen sich: Wann kommen wir endlich dran?
„Die sozialen Kontakte fehlen mir sehr“, sagt Ferdinand Klementer (Bild oben). Er ist 86 Jahre alt und gehört dem an, was Virologen seit bald einem Jahr Corona-Risikogruppe nennen. Der Pensionist ist körperlich gut beieinander und somit noch weit von den Altenheimen entfernt, die gerade durchgeimpft werden. „Wir leben seit Monaten in einer Art Quarantäne, wir verlassen das Haus nur zum Einkaufengehen und machen einen Spaziergang auf Wegen, wo wir wenig Menschen begegnen“, sagt er.
Für ihn ist die Impfung wieder ein Stück Normalität, die in den Alltag einkehrt. Das Pech des Herrn Klementer: Er ist kein Bürgermeister. Denn viele drängeln sich in den anderen Bundesländern beim Impfen frech vor. Der 86-Jährige ist darüber verärgert: „Das ist nicht rechtens. Jedoch ist es naiv zu glauben, die Menschen würden nicht ihre Vorteile nützen.“ Er selbst weiß: „Vor Februar glaube ich nicht, dass ich beim Impfen an die Reihe komme.“
Zu den Bürgermeistern: „Das ist unmöglich“
Und so wird der Pensionist noch länger auf den rettenden Stich warten müssen, wie auch das Ehepaar Helga und Franz Soucek. Sie 79 Jahre alt, er 89. „Ich freue mich schon sehr auf die Impfung!“, erklärt der Pensionist. „Am meisten darauf, dass ich endlich wieder meine vier Kinder, sieben Enkelkinder und sieben Urenkelkinder sehen kann.“ Und auch seine Ehefrau wartet „sehnsüchtig auf die Impfung“. Beide haben sich bei 1450 bereits angemeldet. Helga Soucek weiter: „Dass Bürgermeister und Kinder von Heimleitern geimpft werden, bevor die Risikogruppe eine Dosis bekommt, finde ich unmöglich! Das darf einfach nicht sein, für was gibt es einen Impfplan? Da läuft einiges schief!“
Appell: Demonstrationen gehören rasch verboten
Was das Ehepaar beklagt, ist die nachlassende Solidarität. Die Pensionistin: „Mich ärgert, dass die Menschen nicht zusammenhalten. Auf Demos treffen sie zu Tausenden aufeinander, das gehört doch verboten! Wir müssen alle an einem Strang ziehen, wenn diese Pandemie endlich ein Ende nehmen soll.“ Das gilt auch für die Bürgermeister.
Michael Pommer und Katharina Mötzl, Kronen Zeitung
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